Bild nicht mehr verfügbar.

Präsident Putin will Russlands militärische Glorie wiederbeleben.

Foto: dapd/Semlianitschenko

Korruptionsskandale, veraltetes Material und unmotivierte Soldaten: Russlands neuer Verteidigungsminister Sergej Schoigu ist um seine Aufgabe nicht zu beneiden. Dementsprechend verärgert reagierte Schoigu auf den Bericht des Generalstabs, wonach der Großteil der Einheiten etwa zur Hälfte unterbesetzt ist.

Offiziell hat das russische Militär eine Sollstärke von einer Million Soldaten. Doch die Kreiswehrersatzämter haben Probleme, Rekruten zu finden. Laut Generalstab drücken sich derzeit 166.000 Wehrpflichtige vor dem Ableisten des Dienstes. Das Prestige der Streitkräfte soll daher angehoben, Maßnahmen gegen Wehrdienstverweigerer verschärft werden.

Laut dem Militärexperten Alexander Golz reicht das allerdings nicht, um den Personalbedarf zu decken: Die Zahl der Wehrpflichtigen gehe einfach aus demografischen Gründen zurück. Moskau müsse also entweder jahrelang mit der Unterbesetzung leben und auf die Modernisierung setzen (die aber wohl erst 2020 abgeschlossen ist) oder die Dienstzeit von einem auf zwei oder drei Jahre verlängern, schlägt er vor.

Duma erwägt Anhebung

Golz ist mit seinem Vorschlag nicht allein. Der Chef des Verteidigungsausschusses in der Duma, Wladimir Komojedow, hat sich beinahe zeitgleich für die Verlängerung der Wehrpflicht auf 1,5 Jahre ausgesprochen. Die eigentlich geplante Berufsarmee sei "wie eine Seifenblase, in die du hineinstichst, und sie platzt", kritisierte er entsprechende Pläne. Nur mit Berufssoldaten sei Russland nicht zu verteidigen, sagte Komojedow.

In der Öffentlichkeit stieß der Vorstoß auf Widerstand. "Das ist der Versuch, zur Sowjetarmee zurückzukehren", rationale Gründe für einen längeren Wehrdienst gebe es nicht, kritisierte die Leiterin des Komitees der Soldatenmütter, Walentina Melnikowa. Das Komitee kritisiert die Zustände in den Streitkräften und die immer wieder auftretenden Fälle von Rekrutenschinderei.

Der Generalstab, aus dem erst verlautete, man begrüße die Verlängerung der Wehrpflicht, musste zurückrudern. Eigene Gesetzesinitiativen dahingehend gebe es nicht, betonte ein Sprecher. (André Ballin aus Moskau /DER STANDARD, 23.11.2012)