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Eine deutliche Senkung der Lohn- und Einkommensteuer sowie der Sozialabgaben strebt die Industriellenvereinigung an. Um dieses Ziel zu erreichen, soll die Umsatzsteuer auf 22 Prozent und auch die Zahl der Lohnsteuerzahler steigen.

Wien - Neue Besen kehren gut. Nach diesem Motto hat der seit fünf Monaten amtierende Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Kapsch, nicht lange gefackelt und das verstaubte Steuersystem durchgeputzt. Das neue Modell würde eine massive Entlastung und Vereinfachung bringen, ist man am Wiener Schwarzenbergplatz überzeugt.

Nahrungsmittel billiger machen

Auch wenn Details erst präsentiert werden, hat Kapsch am Donnerstag im Bundesvorstand der IV einige Eckpfeiler verkündet. Und im Unterschied zu anderen Entlastungsforderungen auch Vorschläge zur Gegenfinanzierung auf den Tisch gelegt. Der markanteste Aspekt dabei: Die Erhöhung der Mehrwertsteuer von derzeit 20 auf 22 Prozent und des ermäßigten Satzes von zehn auf elf Prozent. Das brächte nach Expertenschätzungen gut zwei Milliarden Euro. Allerdings gibt es eine wesentliche Ausnahme: Die Mehrwertsteuer auf Nahrungsmittel wird nicht erhöht, sondern von zehn auf fünf Prozent gesenkt. Damit will die IV die generelle Erhöhung der Mehrwertsteuer bei unteren Einkommensgruppen abfedern, bei denen Lebensmittel einen größeren Anteil an den Haushaltsausgaben haben.

Kein Rütteln am Spitzensteuersatz

Neben den Konsumenten wird auch eine andere Gruppe das Kapsch-Papier nicht wahnsinnig goutieren: Der Freibetrag von 11.000 Euro im Jahr soll, so ist zu hören, der Höhe der Mindestsicherung angeglichen werden. Damit würde die Zahl der rund 2,7 Millionen Personen, die keine Lohn- und Einkommensteuer zahlen, deutlich sinken. Gemildert würde die Belastung dieser Gruppe freilich durch eine Senkung des Eingangssteuersatzes von 36,5 Prozent, der allgemein als zu hoch empfunden wird. Auch bei den Sozialbeiträgen sieht das Konzept, an dem die vom Finanzministerium abgeworbene neue Bereichsleiterin für Finanzpolitik und Recht, Elisabeth Hirschbichler, mitwirkte, eine Entlastung vor. Keine Einsparung gibt es übrigens für Besserverdiener, der Spitzensteuersatz von 50 Prozent bleibt im Kapsch-Modell unverändert.

In Summe soll die Senkung der Steuern und Sozialabgaben weit über das Aufkommen aus der Mehrwertsteuererhöhung hinausgehen und eine Senkung der Abgabenquote von 42 auf 38 Prozent bringen. Das würde einer Entlastung von rund zwölf Milliarden Euro entsprechen. Zur Bedeckung des Abgangs greift die Industrie auf die bekannten Einsparvorschläge bei Verwaltung, Pensionen und Gesundheit zurück.

Hohe Abgabenlast

Dass Österreich im Steuersystem Handlungsbedarf hat, ist auch Ergebnis einer Untersuchung der Beratungsgruppe PwC. Die Steuerbelastung für österreichische Unternehmen liegt demnach bei 53,1 Prozent, der europäische Schnitt bei 42,6 Prozent. Besonders ins Auge sticht dabei der hohe Anteil der lohnabhängigen Abgaben, die zwei Drittel der gesamten Belastung ausmachen. Im Mittelfeld liegt das Land beim Aufwand, der mit der Berechnung und Bezahlung der Steuern verbunden ist. Durchschnittlich müssen dafür 170 Stunden aufgebracht werden, in Europa sind 184 Stunden die Norm. Die Unterschiede sind freilich gewaltig: In Luxemburg, der Schweiz und in Irland sind maximal 80 Stunden notwendig, in Tschechien und Bulgarien mehr als 400 Stunden.

Im Gesamtranking, in das auch noch die Anzahl der steuerlichen Überweisungen berücksichtigt werden, kommt Österreich im neuen Bericht auf Platz 77. Das ist eine Verbesserung um einen Rang gegenüber dem Vorjahr. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 23.11.2012)