Der polnische Schriftsteller Daniel Odija ist dabei, wenn "Literatur und Kritik" feiert.

Foto: Kramski

Salzburg - 1966 gaben der Schriftsteller Gerhard Fritsch, Rundfunkpionier Rudolf Henz und Kulturpublizist Paul Kruntorad das erste Heft der Zeitschrift Literatur und Kritik heraus. Fritsch nahm sich 1969 das Leben, in der Folge leitete der Lyriker und Dramatiker Kurt Klinger die Zeitschrift. Diese ist seit 1991 fest in Salzburger Hand: Als Herausgeber fungieren der Publizist Karl-Markus Gauß sowie Verleger Arno Kleibel, in dessen Otto-Müller-Verlag das Periodikum erscheint.

Auch in ihrer Ära bleibt Literatur und Kritik den heimischen sowie insbesondere den (süd)osteuropäischen Dichtern verbunden. Heute feiern Verlag und Zeitschrift ein Fest: Unter dem Titel Wortlandstreicher lesen die albanische Schriftstellerin Lindita Arapi, die Wienerin Margret Kreidl, der Pole Daniel Odija sowie sein Übersetzer Martin Pollack. Odija, Jahrgang 1974, stammt aus Slupsk, wo er als TV-Journalist arbeitet. Daneben schreibt er sozialkritische Prosa, sein Debütroman, Ulica, ist gerade auf Deutsch erschienen: In Auf offener Straße (Paul-Zsolnay-Verlag) erzählt Odija vom harten Los der Bewohner einer Straße in einer Kleinstadt nahe der Ostseeküste.

Es gibt keine durchgehende Handlung, diverse Alltagsszenen sind nur sehr lose verbunden. Wie schon in Das Sägewerk zeigt Odija, was die Transformation zum Turbokapitalismus in Polen bewirkt hat - es herrschen Brutalität und Traurigkeit, Geilheit und Gier, Neid und Hass. Odija ist einer der wichtigsten polnischen Romane des letzten Jahrzehnts gelungen, ein Stück Antiheimatliteratur, bei dem sich Exzess auf Tristesse reimt. Aber bei aller Härte der Milieuschilderung vermeidet der Autor anklagende Worte. Nicht einmal besonders viel Mitgefühl zeigt er für seine gebeutelten Figuren. Einführung und Übersetzung: Martin Pollack. Freier Eintritt. (Gerhard Dorfi, DER STANDARD, 23.11.2012)