Bis 2013 wird ALMA aus insgesamt 66 Antennen bestehen, die dann zu einer riesigen Einheit mit bis zu 16 Kilometern Durchmesser zusammengeschlossen werden können.

Foto: ESO/NAOJ/NRAO

Im Paranal Observatorium herrscht natürlich, sobald die Dunkelheit einbricht, Licht-Verbot. Nichts soll die Arbeit der Astronomen stören. Die Jalousien der Residencia, des Quartiers der Wissenschafter und Ingenieure, schließen sich automatisch. Und wer zur Plattform des Very Large Telescopes (VLT) hinauffährt, muss das Scheinwerferlicht abdrehen. Kleine Lampen weisen den Fahrern den Weg. Auch der Mond beleuchtet den Weg. Er nimmt zu, wodurch die Bedingungen für die Arbeit an den Teleskopen schwieriger werden. Experten sind auch über einige wenige Wolken nicht sehr erfreut. "Aber es kann schnell aufklaren", meint Peter Habison, Delegationsleiter der Reise in die Atacama-Wüste.

Die Besucher werden in die Unit Antu des Very Large Telescope (VLT) gebeten. Nun kann man von innen das "Opening" bestaunen. Das Teleskop dreht sich, der Spiegel, der acht Meter Durchmesser hat, geht in die Vertikale. Damit will man verhindern, dass irgendetwas darauf fällt. Auch Vogelkacke wäre ganz schlecht, sagt ein Wissenschafter. Das Seitentor der Unit öffnet sich – mitsamt dem Windschutz. Draußen naht der Sonnenuntergang.

Im Kontrollraum gibt es für jede der vier Units einen Tisch mit mehreren Computern. Die Wissenschafter und Techniker strahlen keine Hektik aus. Sie sammeln Daten, meist als Serviceleistung für jene Astronomen, die mit einem Forschungsantrag an die Europäische Südsternwarte ESO Beobachtungszeit erhalten haben. Mit einem Peer-Review-Verfahren werden die besten ausgesucht. Die meisten Wissenschafter schauen nicht aus qualitativen Gründen durch die Finger. Das VLT hat eben nicht mehr freie Time Slots in den Nächten.

Foto: ESO/NAOJ/NRAO

Mittwoch früh ist die Journalistengruppe weiter nach San Pedro de Atacama und zum Basislager von ALMA, dem Submillimeterteleskop von Europa, Nordamerika und Japan, gefahren. Wieder eine stundenlange Autofahrt durch die Atacama, die sich hier in mehr Farben als am VLT zeigt. Am Zielort werden zwei Videos mit Sicherheitsvorschriften gezeigt. Mehrfach wird eindringlich darauf hingewiesen, wie gefährlich der Ausflug auf die ALMA High Site auf 5100 Metern Höhe sein kann. Mit Höhenkrankheit ist nicht zu spaßen. Sie kann jeden treffen, auch durchtrainierte sportliche Besucher. Ein wenig Kopfweh, ein wenig "dizzy" im Kopf ist normal, denn da oben hat die Luft nur 50 Prozent des Sauerstoffgehalts der Luft, die man auf Seehöhe einatmen kann.

Nach dem zweiten Film gibt es einen Test. Niemand hat geschummelt, auch der Autor dieses Blogs nicht. Und manche Fragen sind wirklich denkbar einfach. Sie betreffen zum Beispiel die Fahrt auf die High Site. Da darf man nicht schnell fahren und alle Mitreisende müssen angeschnallt sein. Irgendwie logisch, denn man fährt hier nicht auf einem Highway.

Foto: ESO/NAOJ/NRAO

Ein Besuch des Geländes, wo die ESO ihren Anteil der Antennen von ALMA zusammenbaut, zeigt schon, dass diese Region noch extremer ist als der Cerro Paranal. Die Luft ist stickig und drückt auf die Leistungsfähigkeit. Ein deutscher Ingenieur, erst kurz hier beschäftigt, gesteht, dass er es anfangs stark gespürt hat. Ein paar Treppen – und man ist außer Atem. Ein anderer Ingenieur erklärt, wie präzise hier gearbeitet werden muss. Millimetergenau. Ein Fehler "und wir haben hier den Super-GAU". Bis jetzt ging aber alles gut. Der Zeitplan wird eingehalten. ALMA, derzeit schon im Betrieb, soll ja bis 2013 voll ausgebaut sein: Mit 66 Antennen, die man mit zwei riesigen Trucks, die "Otto" und "Lore" heißen, jederzeit verschieben kann. Alle Antennen können dann zu einer riesigen Einheit mit bis zu 16 Kilometern Durchmesser zusammengeschlossen werden. Dann kann bei Tag und bei Nacht der Himmel beobachtet werden.

Heute Donnerstag fährt die Journalistengruppe zum ALMA Plateau. Davor werden die Sauerstoffwerte im Blut und der Blutdruck gemessen. Man wird sehen, wer dann rauf darf. Und wer die geplanten zwei Stunden oben durchhält. (Peter Illetschko, derStandard.at, 22. 11. 2012)