Warum die geplante Pendlerpauschale neu weder verkehrs- noch sozial-, geschweige denn umweltpolitisch Sinn macht: Steigende Spritpreise ständig via Steuertopf auszugleichen ist ungerecht, unleistbar und blockiert ökologische Mobilitätskonzepte.

 

Es ist längst an der Zeit, die Pendlerpauschale zu novellieren. Die derzeitigen Vorschläge sind allerdings enttäuschend, und die grundsätzlichen Probleme der Förderung bleiben unangetastet. Der aktuelle, von Repräsentanten der ÖVP präsentierte Vorschlag erscheint jedoch eher die Bedenken der anstehenden Landtagswahl in Niederösterreich (wohin jeder dritte Euro der Pauschale ausgezahlt wird) widerzuspiegeln, als einem durchdachten, nachhaltigen Verkehrskonzept zu entspringen.

Derzeit stellt die Pendlerpauschale eine Subvention der Zersiedelung dar. Die täglichen Staus aus den Speckgürteln in die Arbeitsstätten verursachen Lärm, massives Feinstaubaufkommen und klimafeindliche Emissionen. Überdies profitieren von der Pauschale überwiegend privilegierte Einkommensschichten. Einkommensbezieher/innen mit unter 20.000 Euro (brutto) stellen nur 20 Prozent der Berechtigten dar. Hingegen verdient über ein Drittel der Bezieher mehr als 45.000 Euro (brutto) jährlich, neun Prozent gar über 70.000 Euro (Brutto).

Eine Anhebung der Förderrichtsätze um durchschnittlich 14 Prozent ändert an dieser Schieflage nichts, ginge aber auf Kosten der ohnehin schon knappen öffentlichen Mittel.

Wie sich dieses 110-Millionen- Euro-Wahlzuckerl für Autofahrer mit der Schuldenbremse verträgt und aus welchen Töpfen dies bezahlt werden soll, bleibt mehr als rätselhaft. Jedenfalls ist die generelle Ausweitung der Pendlerpauschale umweltschädlich und sozial ungerecht. Denn es hat schon der Förderungsbericht 2010 des BMF bestätigt, dass die Pendlerpauschale schon jetzt um 100 Millionen Euro überfördert ist.

Nicht nur die Pendlerpauschale für Dienstwagenbenutzer muss nun endlich abgeschafft werden, es gilt auch alle anderen Steuerprivilegien für Dienstwägen abzuschaffen. Laut einer aktuellen EU-Studie können mit einer Abschaffung der steuerlichen Begünstigung von Dienstwägen in Österreich bis zu 1,6 Milliarden (!) Euro eingespart werden.

Es ist daher aus ökologischer und sozialer Sicht unerklärlich, warum Bundeskanzler und Vizekanzler hier nicht endlich handeln. Die Herstellung der Kostenwahrheit im Autoverkehr bringt Österreichs Verkehrspolitik weiter als die zig Milliarden Euro, die auch noch in Tunnelprojekten quer durchs Land verbuddelt werden.

Auf ewig den Pendlern zu versprechen, steigende Spritpreise aus dem Steuertopf auszugleichen, ist unleistbar, ungerecht und blockiert Impulse in Richtung umweltfreundliche Mobilität. Was Österreich braucht, ist lebenswertes und leistbares Wohnen in Stadt und Land und eine Energie-Raumplanung, die nicht ans Auto, sondern an die Menschen denkt. Die Bundesregierung sollte sich endlich dazu aufraffen, für Einkommensbezieher über 45.000 Euro brutto pro Jahr die Pendlerpauschale gänzlich zu streichen, das wäre ein echter sozialer Beitrag der Besserverdienenden, noch dazu verbunden mit ökologischem Nutzen für alle.

Kein Zukunftskonzept

Dieses Geld könnte dann den Niedrig- und Teilzeitverdienern zufließen. Die Reform wäre somit aufkommensneutral und würde die Steuerzahlern nicht zusätzlich belasten. Ein Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel und ein österreichweites Jobticket für alle wären zusätzlich aus Einsparungen bei den Dienstwägen leicht finanzierbar.

Die Politik muss erkennen und gegenüber ihren Wählern eingestehen, dass das stundenlange Pendeln auf Basis fossiler Brennstoffe kein Zukunftskonzept sein kann. Daher ist die Pendlerpauschale grundlegend sozial und ökologisch zu reformieren. (Gerhard Heilingbrunner, DER STANDARD, 22.11.2012)