Galapagos-Riesenschildkröten wandern auf bis zu zehn Kilometer langen Routen die Abhänge ihrer Heimatinsel hinauf und hinunter.

Foto: MPI f. Ornithologie
Foto: Stephen Blake/MPI f. Ornithologie

München - Sie sind langsam, sie wirken schwerfällig - aber bewegungsfaul sind sie bei weitem nicht: Galapagos-Riesenschildkröten machen bis zu zehn Kilometer lange Touren und wechseln dabei auch zwischen Küstenlagen und 400 Metern Seehöhe, wie Forscher des Max-Planck- Instituts für Ornithologie herausfanden. Zusammen mit der Charles Darwin Foundation untersuchten sie die Bewegungen der langsamen Riesen mittels GPS-Technologie.

Schon Charles Darwin vermutete, dass Riesenschildkröten weite Entfernungen zurücklegen. In der kühlen, trockenen Jahreszeit liegen die Hochlagen der Insel Santa Cruz in dickem Nebel, weshalb die Pflanzen trotz Regenmangels wachsen. In den Niederungen gibt es keine dicke Wolkenschicht, und so sind die Futterpflanzen für Schildkröten nicht immer während des Jahres verfügbar. Erwachsene, bis zu 250 Kilogramm schwere Riesenschildkröten verbringen die Trockenzeit in den höheren Regionen bis zu 400 Meter über dem Meeresspiegel. Doch das Futter ist von minderer Qualität, und so wandern sie, sobald die heiße, regenreiche Jahreszeit beginnt, wieder in die tiefer gelegenen Zonen, wo sie saftiges Futter im Überfluss vorfinden. 

High-Tech für Low-Tempo

Um die Zugmuster genauer zu untersuchen, befestigten Stephen Blake vom Max-Planck-Institut für Ornithologie und sein Kollege Washington Tapia vom Galapagos-Nationalpark an 17 erwachsenen Tieren GPS-Logger mit 3D-Beschleunigungsmessern. So konnten sie ihre genaue Position und ihr Verhalten über einen Zeitraum von zwei Jahren bestimmen. Um Informationen über die gesamte Population zu erhalten, notierten die Forscher zusätzlich auf ihren monatlichen Wanderungen an den Vulkanhängen Größe, Geschlecht und Aufenthaltsort jeder Schildkröte, die sie antrafen. Die GPS-Daten kombinierten sie mit Temperaturdaten und Informationen über den Zustand der Vegetation.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Wanderung der Riesenschildkröten nicht jedes Individuum erfasst. Nur die erwachsenen Tiere ziehen, die größten sogar eher als die etwas kleineren Exemplare. Was ungewöhnlich ist: Bei anderen Tierarten ist es das größte und dominanteste Individuum, das vor Ort bleibt, weil es sich am ehesten gegen Konkurrenten behaupten kann. Es muss nicht fortgehen, um zu überleben. Bei den Galapagos-Riesenschildkröten sind es dagegen gerade die größten und dominantesten Individuen, die den anstrengenden Weg auf sich nehmen.

Ab Juni beginnen sie ihren langsamen, mühsamen Weg bis zu zehn Kilometer weit in das Hochland. Erwachsene Weibchen bleiben zunächst bis zur Eiablage im Tiefland, bis sie sich dann ebenfalls auf den Weg ins Hochland begeben. Die kleineren Schildkröten dagegen bleiben das ganze Jahr über in den niedriger gelegenen Gebieten. Warum jüngere Tiere nicht wandern, können die Wissenschafter noch nicht beantworten. "Entweder ist der Energieaufwand dieser strapaziösen Wanderung zu hoch, oder es gibt auch während der trockenen Jahreszeit immer noch ausreichend Futter für so kleine Tiere", vermutet Blake, "vielleicht halten aber auch Jungtiere das feuchte kalte Klima in den höheren Regionen nicht aus." (red, derStandard.at, 21. 11. 2012)