Beschäftigt sich in Ranshofen mit Leichtmetallen für die Luftfahrt: Rudolf Gradinger.

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Schon im Kinderwagen standen Flugzeuge unter der ständigen Observation von Rudolf Gradinger. Das erzähle zumindest seine Mutter gern. Heute ist Gradinger einer der führenden Köpfe Österreichs in der Leichtmetallforschung für die Luftfahrt.

Er ist einer der Vortragenden der "Ergebnis- und Vernetzungsveranstaltung", die heute, Mittwoch, anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Luftfahrtförderprogramms Take Off stattfindet.

Durch das vom Verkehrsministerium finanzierte Programm wird die österreichische Luftfahrtindustrie und Forschung erstmals systematisch durch staatliche Gelder gefördert. Gradinger war von Beginn an dabei, das Forschungszentrum, in dem er arbeitet, ist zum "Stammkunden" geworden. Der Ingenieur ist in der Geschäftsentwicklung Leichtmetallkompetenzzentrum Ranshofen, Oberösterreich, ein Geschäftsfeld des Austrian Institute of Technology Mobility Departments, tätig.

Für die Luftfahrtforschung - "da musst du ein Herz dafür haben", sagt Gradinger. Sonst sei es schwer, die Langatmigkeit aufzubringen, die der Bereich fordere. Schon mehr als zehn Jahre setzt er sich etwa für die Zulassung von Magnesiumverbindungen in der Luftfahrttechnologie ein.

Dass die Genehmigung so lange auf sich warten lässt, ist den für die Luftfahrt typischen langen Entscheidungsprozessen geschuldet, meint Gradinger. Damit ein neues Material zugelassen wird, müsse man - aus Sicherheitsgründen - quasi "alles darüber wissen und sehr viel testen, es sollte ewig halten". Denn die in der Luftfahrt verwendeten Materialien müssten nicht nur leicht und preiswert, sondern vor allem auch zuverlässig sein.

So ist es keine Seltenheit, dass es von der Idee zur Anwendung 25 Jahren dauern kann - und dafür braucht man Ausdauer. "Das ist nicht nur ein Job, da braucht man Begeisterung und einen langen Atem", sagt Gradinger.

Die meisten Aufträge, die das Leichtmetallkompetenzzentrum Ranshofen bekommt, sind von Zulieferfirmen von Airbus oder anderen Flugzeugbauern. Weil das Zentrum vor allem in der Vorentwicklung tätig ist, "wissen wir oft gar nicht, in welchen Bauteilen unser Know-how serienmäßig Anwendung findet", sagt Gradinger.

Sie reichen von Titanbauteilen in Landeklappen bis Flügelbestandteilen. Dabei konzentriert sich das Forschungszentrum vor allem auf Konstruktionen mit den Leichtmetallen Aluminium, Titan und Magnesium.

Die Chemie muss stimmen

Der erste Schritt dabei ist immer die richtige Werkstoffentwicklung, doch die Stoffe reifen noch im Laufe des Prozesses. "Nur weil man die richtige Chemie gewählt hat, kommen noch nicht unbedingt die richtigen Eigenschaften heraus", sagt Gradinger.

Um die Entwicklung von neuen Bauteilen besonders effizient zu gestalten, ist es wichtig, deren Eigenschaften vorauszuberechnen, um nicht im Entwicklungsprozess vom Eigenleben, das die Materialeigenschaften führen können, überrascht zu werden. "Alles, was man real macht, sollte man auch virtuell beherrschen - das ist der Trend der Zeit", sagt Gradinger.

Insgesamt sind 161 Organisationen am Take-Off-Luftfahrtförderprogramm beteiligt: 73 kleine und mittlere Unternehmen, 41 Großkonzerne und 44 Forschungseinrichtungen und Hochschulen.

Von staatlicher Seite wurden 51 Millionen Euro investiert, zahlreiche Projektpartner steuerten in den zehn Jahren zusätzlich 112 Millionen bei. Damit wurden 122 Projekte gefördert.

Der gesellschaftliche Nutzen wird neben technischen Verbesserungen in der Luftfahrttechnik vor allem mit Arbeitsplätzen beziffert. Von 2000 bis 2011 haben sich die Arbeitsplätze in der Luftfahrtindustrie von 2190 auf 4423 beinahe verdoppelt. Der Gesamtumsatz hat sich im gleichen Zeitraum von 323 Millionen Euro auf 920 Millionen fast verdreifacht. (Tanja Traxler, DER STANDARD, 21.11.2012)