Im Zuge der Vereinbarung der Regierungsparteien, die Presse- und Publizistikförderung zu reformieren, haben vier NGOs in einer gemeinsamen Initiative Positionen zu Medienförderung diskutiert. Der Presseclub Concordia, das Forum Journalismus und Medien Wien (fjum), der Österreichische Presserat und das Kuratorium für Journalistenausbildung (KfJ) erarbeiteten in Gesprächen mit Experten und Wissenschaftlern Kriterien für eine neue Medienförderung.

Zentrale Forderungen der NGOs sind die Kopplung von Fördergeldern an Qualitätsstandards, bessere Einbindung und Berücksichtigung von Online-Journalismus, moderner Formate und Technologien sowie eine Erhöhung der Fördergelder. Mit diesen Punkten wollen die NGOs nun an Parteien und Regierung herantreten. Matthias Karmasin, Medien- und Kommunikationswissenschafter der Uni Klagenfurt, dazu: "Wir müssen uns fragen: Ist die Qualität der Demokratie entscheidend oder wirklich die Qualität des Marktes?"

Qualitätsstandards und -Sicherung

Die Zusicherung von Fördergeldern an bestimmte Medien soll stark an Qualitätsfragen gebunden werden - das gebiete die demokratiepolitische Relevanz einer gesunden Medienlandschaft. Keynote-Sprecher Karmasin: "Medienförderung ist keine Subvention einer schwächelnden Branche, sondern eine Investition in die Infrastruktur der Demokratie." Alexander Warzilek schlägt als Grundlage für Förderung die Mitgliedschaft im österreichischen Presserat, die Entwicklung von Redaktionsstatuten und Einhaltung des Ehrenkodex vor. Auch transparentes Qualitäts- und Fehlermanagement und Mitbestimmungsrechte in Redaktionen sowie Diversity- und Gender-Fragen sollen berücksichtigt werden. Astrid Zimmermann vom Presseclub Concordia kann sich ein Punkte-System vorstellen: So soll nach Erfüllung der einzelnen Qualitäts-Richtlinien die Summe der zustehenden Fördergelder berechnet werden.

Innovation und Zukunftssicherung

Daniela Kraus (fjum) betont neue Aspekte, die mit dem Aufkommen neuer Medien zu berücksichtigen sind: "Da könnte man beispielsweise diskutieren: Was ist überhaupt qualitativ hochwertige Interaktion mit Lesern im Netz?" Neue Formen und Formate wie Datenjournalismus sollten in der Medienförderung ebenfalls enthalten sein wie Projektförderungen für Schwerpunkte und Initiativen - ähnlich wie in der Forschungsförderung. 

Journalisten-Weiterbildung

Elisabeth Wasserbauer vom KfJ spricht die momentan unflexible Regelung der Weiterbildungsmaßnahmen sowie ein Fehlen an online-only Weiterbildungen an. Die Einrichtung einer gemeinsamen unabhängigen, qualifizierten und mit internationalem Siegel ausgestattete Weiterbildungsinstitution für Journalisten wäre ebenfalls wünschenswert.

Vielfalt und Media Literacy

Neben der Qualität soll auch die (Meinungs-)Vielfalt im Zentrum stehen: Die NGOs einigten sich auf die Forderungen, den Vertrieb wettbewerbsneutral zu gestalten (gleiche Stückkosten für alle), sowie die Presse- und Publizistikförderung weg von einem am Print konzentrierten, hin zu einem allgemeinen Bild, das auch offen ist für kommende Technologien. Ziel soll eine selbstverständliche Einbindung und Förderung von Online-Angeboten sein. Weiters soll im Paket der "Presseförderung neu" auch ein Punkt zur "Media Literacy", also Medienkompetenz, enthalten sein: Hier wären beispielsweise Gratis-Abos für Schüler und Schülerinnen denkbar, außerdem sollte sich vermittelte Medienkompetenz nicht ausschließlich auf Printmedien beschränken. 

Summe muss erhöht werden

Im Jahr 2012 wurden rund 11 Millionen Euro für allgemeine und besondere Presse- und Qualitätsförderung ausgeschüttet. Im Presseclub Concordia ist man sich einig, dass die Summe deutlich erhöht werden sollte. Mindestens auf 50 Millionen. "Die Medien finanzieren sich ihre Presseförderung ohnehin selbst", sagt Karmasin und deutet damit auf die Werbeabgaben an: 2011 hat der Staat alleine aus der Werbesteuer des Printbereichs mehr als 85 Millionen Euro eingenommen. Vorstellbar wäre für die NGOs daher auch eine Streichung der Werbeabgaben beziehungsweise direkte Umschlichtung dieser in Medienförderung.

Auch Inserate nach Qualitätskriterien vergeben

Karmasin empfiehlt auch die Bindung von Inseraten staatlicher Institutionen an Qualitätsstandards. "Anzeigen müssen auch nach Qualitätsstandards vergeben werden. Es kann nicht mehr sein, dass staatliche Institutionen oder Parteien alleine nach der Erreichbarkeit von Zielgruppen inserieren. Das ist für eine Aktiengesellschaft vorstellbar, nicht aber für einen demokratie- und so auch medienpolitisch verantwortlichen Staat." Abgerundet werden sollten die Veränderungen in der Presse- und Publizistikförderung mit einem regelmäßigen Bericht zur Qualität der österreichischen Medien sowie der Wirksamkeit staatlicher Medienförderungen. Denn: "Medienpolitik ist Demokratiepolitik." (oa, derStandard.at, 19.11.2012)