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Eine Demonstrantin macht in Dublin die restriktiven Abtreibungsgesetze der Konservativen für den Tod einer jungen Inderin, die in Irland lebte, verantwortlich: "Ihr Blut klebt an euren Händen!"

Foto: REUTERS/Cathal McNaughton

Galway - Savita Halappanawar kam wegen Rückenschmerzen ins Krankenhaus - drei Tage später war sie tot. Die in Irland lebende Inderin war im vierten Monat schwanger. Im University Hospital Galway, das sie Ende Oktober aufsuchte, sagte man ihr, dass sie wahrscheinlich eine Fehlgeburt haben werde. Sie wurde auf die Intensivstation eingewiesen. Als sich ihr Zustand verschlechterte, bat die 31-Jährige die Ärzte, den Fötus zu entfernen.

Doch diese weigerten sich, erzählt ihr Mann. "Dies ist ein katholisches Land", habe man ihr erklärt. Erst müsse das Herz des Ungeborenen aufhören zu schlagen. Als dies geschah, war es allerdings schon zu spät. Halappanawar starb an einer Blutvergiftung.

12.000 Menschen bei Protest

Ihr Tod löste in Irland eine heftige Debatte aus. Am Samstag demonstrierten tausende Menschen für das Recht auf Abtreibung. In Dublin beteiligten sich bis zu 12.000 Menschen an einem Protestmarsch. In Galway hielten hunderte Menschen trotz der bitteren Kälte eine Kerzenwache auf dem Hauptplatz ab.

Vor 50 Jahren sei ihre Mutter unter ähnlichen Umständen gestorben, berichtete eine der Teilnehmerinnen, Margaret Geraghty. "Ich kann es kaum glauben, dass dies heute immer noch passieren kann", sagte sie. Schwangerschaftsabbruch ist in Irland verboten. Ein Verfassungszusatz von 1983 hält fest, dass der Embryo vom Zeitpunkt seiner Zeugung an ein irischer Bürger mit allen Rechten ist. Schwangere müssen nach Großbritannien reisen, um abzutreiben. Seit einem Urteil des Obersten Gerichtshofs von 1992 dürfen Ärzte zwar eine Abtreibung vornehmen, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist, doch wurden die Gesetze bis heute nicht an die Rechtsprechung angepasst.

Verhärtete Fronten

Premierminister Enda Kenny von der konservativen Fine Gael nannte den Fall eine "Tragödie", lehnte es aber ab, den Tod der 31-Jährigen weiter zu kommentieren. Die Labour-Partei, die Kennys große Koalition als Juniorpartner trägt, fordert eine Lockerung der Abtreibungsgesetze.

In Irland stehen sich seit Jahrzehnten Abtreibungsgegner und -befürworter gegenüber. 1992 war einem 14-jährigen Vergewaltigungsopfer nicht nur die Abtreibung in Irland versagt worden. Man hielt sie auch davon ab, sie außer Landes vornehmen zu lassen. Das Oberste Gericht des Landes bewilligte dem Mädchen schließlich die Ausreise nach England, wo es das ungewollte Kind abtreiben ließ. Der Fall sorgte weltweit für Schlagzeilen.

Spanien will Abtreibungen verbieten

2009 beschäftigte sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit dem irischen Abtreibungsverbot. Drei klagende Frauen erhielten Recht. Die Regierung in Dublin musste das Gesetz überarbeiten. Die Änderungen fielen aber nur marginal aus.

In kaum einem anderen europäischen Staat gibt es derart restriktive Bestimmungen zum Schwangerschaftsabbruch. Allerdings gewinnen Abtreibungsgegner auch in anderen katholischen Ländern an Terrain. So kündigte die konservative spanische Regierung an, Abtreibung wieder verbieten zu wollen, die Liechtensteiner lehnten deren Legalisierung 2011 bei einer Volksabstimmung ab. (AFP, stem, DER STANDARD, 19.11.2012)