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Der Vatikan schreibt rote Zahlen.

Foto: APA/EPA/Milligan

Rom - Im 263-Millionen-Haushalt des Vatikans klafft ein Loch von 15 Millionen Euro - das höchste Defizit seit Jahren. 2010 hatte die Bilanz noch einen Überschuss von zehn Millionen ausgewiesen. Nach dem Vorbild der "spending review" von Italiens Premier Mario Monti setzt auch der Kirchenstaat den Rotstift an. Kurie, Päpstliche Räte und Kongregationen sind angehalten, ihre Ausgaben zu durchforsten und alle vermeidbaren Kosten zu eliminieren.

Der mit 0,44 Quadratkilometern und 900 Einwohnern kleinste Staat der Welt beschäftigt 2832 Bedienstete, für die mit 80 Millionen Euro die höchste Summe aufgewendet werden muss. Entlassungen will der Heilige Stuhl tunlichst vermeiden, doch einige scheidende Arbeitskräfte sollen nicht mehr ersetzt werden.

In diesen Tagen soll das für die Vermögensverwaltung zuständige 15-köpfige Kardinalskollegium über Rationalisierung und Ausgabenkürzungen beraten. Als echte Kostentreiber entpuppen sich die Medien des Heiligen Stuhls, die 600 Angestellte beschäftigen. Das weltweit sendende Radio Vatikan verschlingt allein an Personalkosten 25 Millionen. Als reines Verlustgeschäft erweist sich auch die Tageszeitung Osservatore Romano mit einem Minus von fünf Millionen.

Die Vatikanbank hilft aus

Wichtigste Einnahmequelle sind die vatikanischen Museen, deren fünf Millionen Besucher jährlich 91 Millionen Euro in die Kassen bringen. Die Vatikanbank IOR steuert eine Liquiditätsspritze von 50 Millionen bei. Weitere Einnahmen stammen aus den Tankstellen und Souvenirläden des Kirchenstaats, aus Briefmarken, der Vermietung von rund 2500 Immobilien in Rom und Umgebung. Vieles scheint freilich im offiziellen Haushalt nicht auf.

Ein Betriebsunfall ließ vor einigen Jahren Schlüsse auf das Vermögen des Kirchenstaats zu. Eine Haushaltsübersicht wurde der Redaktion der britischen Wochenzeitung Tablet zugespielt. Demnach verfügte der Vatikan im Sommer 2008 über Barreserven von 340 Millionen, Wertpapiere und Aktien von fast 520 Millionen und eine Tonne Goldbarren im Werte von 20 Millionen Euro. Der Immobilienbesitz in England, Frankreich und der Schweiz wurde auf 424 Millionen Euro beziffert. Allein in Rom betreibt die Kirche 65 Privatkliniken sowie 800 Kindergärten und Schulen.

Eine wesentliche Rolle spielt nach wie vor der gute alte Klingelbeutel. Der jährlich am 29. Juni eingesammelte Peterspfennig - die weltweiten Zuwendungen für die Arbeit des Papstes - spült 70 Millionen Dollar in die Kassen, aus den Diözesen fließen weitere 26 Millionen Dollar in die Ewige Stadt. Für einen ausgeglichenen Haushalt reicht das offenbar nicht, denn dem Sparzwang fallen nun auch traditionsreiche Rituale zum Opfer. So wird der Papst ausländischen Besuchern in Zukunft keine Gold- und Silbermedaillen mehr überreichen. (mu/DER STANDARD, 17.11.2012)