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Nicht nur kulturell, sondern auch finanziell international orientiert: Das Land Salzburg spekulierte u. a. in südafrikanischer, Schweizer, isländischer und türkischer Währung.

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Wien - Die Nebelschwaden über den Derivate-Geschäften des Landes Salzburg lichten sich ein wenig. Wurden hochspekulative Währungswetten noch vor kurzem ins Reich der Fantasie verwiesen, bestätigt Finanzlandesrat David Brenner nun solche Veranlagungen. Und betont, dass er seit Amtsantritt 2009 deren Auflösung veranlasst habe. Wie hoch die Derivate-Risiken derzeit sind, ist nicht in Erfahrung zu bringen, nur so viel: Brenner sagt unter Berufung auf einen Rohbericht des Rechnungshofs, dass das Risiko in seiner Amtszeit um zwei Drittel reduziert worden sei.

Dass überhaupt ein Exposure eingestanden wird, dürfte mit Dokumenten zusammenhängen, mit denen der Standard Brenner konfrontierte. Aus einer Abrechnung der Bank Austria mit dem Land aus dem Jahr 2008 geht hervor, dass zu diesem Zeitpunkt Derivate-Geschäfte im Volumen von 878 Millionen Euro brutto (ohne Saldierung gegenläufiger Positionen) bestanden. Davon kann fast die Hälfte als spekulativ bezeichnet werden, weil es keinen Zusammenhang mit einem Grundgeschäft gibt. Ein Beispiel für ein "normales" Hedging wäre die Absicherung von Zinszahlungen in Schweizer Franken durch Währungsswaps.

Auch Optionen verkauft

Wie aggressiv Salzburg veranlagte, zeigt ein genauerer Blick in die Kundendaten. Auf die Entwicklung des südafrikanischen Rands wurde ebenso gewettet wie auf jene der türkischen Lira und der isländischen Krone. Zudem hat das Land selbst Währungsoptionen verkauft, um Prämien zu lukrieren. Schon in der Abrechnung 2008 ergeben sich negative Marktwerte von 20 Millionen. Die einzelnen Positionen haben unterschiedliche Laufzeiten, manche reichen bis 2016.

Nun stellt sich die Frage, wie das Land - wie von Brenner behauptet - ohne Verluste aus den Veranlagungen herauskam. Experten haben die Werte der einzelnen Währungspaare nachgerechnet und kommen zu dem Schluss, dass die Geschäfte deutlich unter Wasser sind. Allein bei einer Währungstausch-Option Pfund/Franken wurde ein Verlust von 34 Millionen per Auslaufen des Geschäfts im April 2012 errechnet. Auch bei Wetten auf isländische Krone, türkische Lira und südafrikanischen Rand sei von einem Minus von 15 bis 30 Prozent auszugehen.

Land baut schnell ab

Neben Verlusten wird ein weiterer Aspekt aus dem Bank-Austria-Geschäft vom Land bestritten: dass die Deals fremdfinanziert waren; Aus dem Dokument geht hervor, dass Salzburg eine Kreditlinie von 75 Millionen Euro hatte, die zu 56,7 Millionen Euro ausgeschöpft war. Der Leiter der Landes-Finanzabteilung, Eduard Paulus, versichert, dass "keines dieser Geschäfte über Kredit finanziert wurde".

In Salzburg soll hektische Betriebsamkeit herrschen, um die Deals wieder aufzulösen. "Das Land macht alles platt", meint ein Insider. Die Fremdwährungsgeschäfte sollen bereits glatt gestellt worden sein und an den strukturierten Zinsderivaten werde noch gearbeitet.

Analogie zu St. Pöltener Geschäften

Neben der Bank Austria hat auch die Deutsche Bank mit dem Land Salzburg ordentliche Geschäfte gemacht. Salzburg galt in Wien eine Zeit lang als der wichtigste Kunde für das Institut. Die Abteilung für Zins- und Währungsmanagement habe mit dem Land "ordentlich verdient". Beobachter verweisen in diesem Zusammenhang auf eine Parallele zu St. Pölten - die Stadt hat wegen Derivate-Verlusten die Raiffeisen Landesbank Niederösterreich/ Wien geklagt.

St. Pölten und Salzburg vertrauen dem gleichen externen Finanzberater, der seine Kunden auch monatlich über die Wertentwicklung der Geschäfte informiert. Das spielt zivilrechtlich eine Rolle, weil die öffentlichen Zocker sich nicht darauf berufen können, keine ausreichende Kenntnis über das Risiko gehabt zu haben. (Andreas Schnauder, Bettina Pfluger, DER STANDARD, 16.11.2012)