Die Vorstellung befremdet: Eine qualifizierte Frau setzt sich im Kandidatenrennen gegen den männlichen Rivalen durch, um sich fortan mit einem Vorurteil herumzuschlagen: jenem, wonach die Dame ihren Job nur wegen der Frauenquote erhalten habe. Da kann die Auswahl noch so gut begründet sein, der Nimbus der Begünstigung bleibt. Vor allem im öffentlichen Bereich, in dem der Vormarsch der Frauen besonders propagiert wird, können viele ein Lied davon singen. Frauen nämlich, die sich über ihren gelungenen Aufstieg ärgern müssen, weil er als Folge eines Privilegs angesehen wird.

Ob mit derart negativ besetzter Einstellung der notwendige Gesinnungswandel in Fragen der Gleichberechtigung erreicht wird? Wohl kaum. Vielmehr wird - nicht nur aufseiten der Männer - der Nährboden für Neid aufbereitet.

Parallel können sich Unternehmen mit Quotenerfüllung herrlich um echte Gleichstellung schwindeln. In den entsprechenden Selbstbeweihräucherungsschriften der Konzerne wird dann im (von Männern geschriebenen) Vorwort darauf verwiesen, wie viele Frauen den Sprung in welche Führungsetagen geschafft haben. Mit dem Feigenblatt kann bestens verdeckt werden, welch Schieflagen in Sachen Bezahlung oder Kinderbetreuung nicht ausgeglichen werden.

Um auf dem Boden zu bleiben: Die EU will jetzt einmal nur Aufsichtsratsposten regeln. Doch schon der Einstieg ins Quotengeschäft stellt eine Themenverfehlung dar. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 15.11.2012)