Bild nicht mehr verfügbar.

Flüchtige organische Verbindungen (VOC) in der Wohnung  - wie sie etwa beim Rauchen einer Zigarette entstehen - haben den stärksten Effekt auf die Reifung von Stammzellen. Allerdings konnte nur bei Kindern, die bereits eine Hauterkrankung hatten, eine durch Umweltschadstoffe veränderte Anzahl von Stammzellen beobachtet werden.

Foto: dpa/Martin Gerten

Leipzig - Umweltschadstoffe sind schädlich für den menschlichen Organismus, insbesondere im Hinblick auf die Entstehung von Allergien. Eine Forschergruppe des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) konnte nun erstmals den Nachweis erbringen, dass Rauchen die Entwicklung von peripheren allergierelevanten Stammzellen im Blut beeinflusst. 

Stammzellen sind nicht spezialisierte Zellen, die sich unbegrenzt vermehren und in verschiedene Zelltypen entwickeln können. Aus ihnen differenzieren sich die verschiedenen Zell- und Gewebetypen des menschlichen Organismus - unter anderem auch das Allergiegeschehen fördernde eosinophile Granulocyten. Als Bindeglied zwischen unspezialisierten Stammzellen und spezialisierten Gewebe- oder Organzellen fungieren Vorläuferzellen wie etwa eosinophie beziehungsweise basophile Vorläuferzellen, die im Knochenmark heranreifen und dann in die Blutbahn - die sogenannte Peripherie - ausgeschwemmt werden. 

Effekt von Umwelteinflüssen

Ob und wieweit Umweltschadstoffe diesen Reife- und Entsendeprozess beeinflussen, wurde bislang noch nicht untersucht. Genau an diesem Punkt setzte das UFZ-Team von Irina Lehmann und Kristin Weiße an. Zwei Sachverhalte waren durch frühere Studien bereits bekannt: Einerseits lassen sich im Blut von Allergikern - gleich ob Kinder oder Erwachsene - erhöhte Zahlen an eosinophilen beziehungsweise basophilen Vorläuferzellen nachweisen. Auf der anderen Seite deutet ein Auftreten von jenen peripheren Vorläuferzellen im Nabelschnurblut auf ein erhöhtes späteres Allergierisiko hin.

"Wir wollten nun konkret wissen, ob das Auftreten von allergierelevanten Vorläuferzellen im Blut von Kleinkindern durch Umwelteinflüsse verändert werden kann", skizzieren die Wissenschaftlerinnen ihren Ansatz. Das Ergebnis der Studie, basierend auf Daten von 60 Kindern im Alter von einem Jahr, wurde kürzlich in der britischen Fachzeitschrift „Clinical & Experimental Allergy" publiziert. Demnach ist zu konstatieren, dass Kinder mit Hauterkrankungen wie atopischer Dermatitis oder Milchschorf erhöhte Mengen an eosinophilen Vorläuferzellen in ihrem Blut haben. 

Zusammenhang nur bei bestehender Hauterkrankung

Nun konnte erstmals der Nachweis erbracht werden, dass Kinder die bereits erkrankt sind, besonders sensibel auf Umweltexpositionen reagieren. Der Nachwuchs aus Familien mit hoher Belastung an flüchtigen organischen Verbindungen in der Wohnung (VOC) wies deutlich mehr allergierelevante eosinophile/basophile Vorläuferzellen als die Vergleichsgruppe auf. "Dass VOCs, die in hohem Maße über Zigarettenrauch freigesetzt werden, den stärksten Effekt auf die Reifung von Stammzellen erbringen, war nicht völlig unerwartet", so Lehmann.

Allerdings fügt Kollegin Kristin Weiße einschränkend hinzu: "Es ist zu betonen, dass wir nur bei den Kindern, die bereits eine Hauterkrankung bekommen haben, eine durch Schadstoffe veränderte Anzahl an Stammzellen beobachten konnten."

Das Fazit der Wissenschaftlerinnen: "Es besteht eine Verbindung zwischen genetischer Veranlagung für eine Erkrankung und Umwelteinflüssen. - Das heißt, es gibt Faktoren in Umwelt und Lebensstil, die darüber entscheiden, ob eine genetische Anlage zur Ausprägung gelangt oder nicht". (red, derStandard.at, 14.11.2012)