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Die PädagogInnen in den Kindergärten fühlen sich von der Regierung im Stich gelassen.

Foto: APA/dpa/Jens Büttner

Für angehende LehrerInnen soll es in Zukunft eine einheitliche Ausbildung geben. Das hat die Regierung bei ihrer Klausur in Laxenburg beschlossen. Lehramtsstudierende sollen zunächst einen vierjährigen Bachelor absolvieren, in einer ein- bis zweijährigen Induktionsphase von erfahrenen Lehrern in den Beruf eingeführt werden und berufsbegleitend ein ein- bis zweijähriges Masterstudium absolvieren, das Voraussetzung für eine Fixanstellung ist.

Vor Studienbeginn müssen Interessenten außerdem ein Eignungs- und Aufnahmeverfahren bestehen, egal ob sie ihr Studium an einer Universität oder einer Pädagogischen Hochschule absolvieren.

Ausbildung auf tertiärem Niveau

Doch sind alle PädagogInnen von der Reform betroffen? Die ElementarpädagogInnen - die PädagogInnen in den Kindergärten - fürchten, von der Regelung wieder nicht erfasst zu werden. Zwar betonen Politiker immer wieder die Wichtigkeit dieser Berufsgruppe. Etwa mit dem Argument, dass im Alter von drei bis sechs Jahren wichtige Grundlagen gelegt werden und deshalb in dieser Zeit wertvolle pädagogische Arbeit geleistet werden muss. 

Auch eine Expertengruppe im Auftrag von Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ) hat bereits vergangenes Jahr empfohlen, die Ausbildung der ElementarpädagogInnen auf Hochschulniveau zu heben. Ihre Ausbildung wird aber auch in Zukunft nicht mit jener der PädagogInnen an Schulen gleichgestellt sein, befürchtet die Plattform Educare.

Gleich viel wert

Plattform-Sprecherin Heide Lex-Nalis kritisiert im Gespräch mit derStandard.at: "Bei Widerständen und Protesten scheinen wir auf, aber in der konkreten Umsetzung wird nichts unternommen." Lex-Nalis vermisst eine klare Aussage zur Ausbildung der PädagogInnen, die im Kindergarten ihren Bildungsauftrag erfüllen. "Alle Pädagogen sind gleich viel wert", ist sie überzeugt.

Länderkompetenz

Was ist der Grund dafür, dass im Elementarbereich keine Reformen umgesetzt werden? "Die Kindergärten fallen in Länderkompetenz", sagt die Pädagogin, "gehören unserer Meinung nach aber ins Bildungsministerium eingegliedert."

Mit den Ländern Reformen auszuverhandeln sei meist eine schwierige Angelegenheit, sagt Lex-Nalis. "Den Politikern wird es oft zu kompliziert, sich mit den Ländern auseinanderzusetzen." Dazu komme, dass auch auf Bundesebene mit dem Familien- und dem Bildungsministerium zwei Ministerien verantwortlich sind. "Wir sind zwischen Mitterlehner und Schmied."

Bildungseinrichtung statt Sozialbereich

Warum die Kindergärten überhaupt nach wie vor in Länderkompetenz sind? "Der Kindergarten wurde viele Jahre dem Sozialbereich zugeordnet", sagt Lex-Nalis. Heute wisse man aber, dass es sich um eine Bildungseinrichtung handle.

Diesen Umstand hätten längst auch andere EU-Länder erkannt. "In den letzten zehn Jahren gab es in anderen Ländern viel Bewegung, die Kindergärten wurden ins Bildungsressort übernommen." Die österreichische Politik müsse das Rad also nicht neu erfinden, sagt Lex-Nalis. Sie solle sich einfach Best-Practice-Modelle aus dem Ausland ansehen, die zeigen, wie die Neustrukturierung funktioniert habe. Doch das passiere nicht: "In Österreich hat man das Gefühl, man will nicht über die Grenze schauen und alte Traditionen aufgeben."

Nachwuchsproblem und Personalmangel

Im Kindergartenbereich führt der fehlende Reformwille laut der Expertin bereits dazu, dass es ein dringendes Nachwuchsproblem gibt. "AbsolventInnen der derzeitigen Ausbildung ergreifen immer seltener den Beruf der Kindergartenpädagogin und beginnen nach der Ausbildung eher ein Studium. Diese jungen KollegInnen fehlen in den Kindergärten." Derzeit sind 8.000 SchülerInnen an den fünfjährigen Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik (BAKIPs) in Ausbildung. Aber nur 3.000 davon werden sich laut Lex-Nalis schließlich für den Beruf entscheiden.

Die Plattform-Sprecherin zeichnet ein düsteres Szenario: "Müssen die Kindergärten erst zugesperrt werden, Eltern und AlleinerzieherInnen vor verschlossenen Kindergartentoren stehen, damit die Politik aufwacht?" Die Personalknappheit in den Kindergärten werde jedenfalls schon bald noch deutlicher als bisher zu spüren sein. 

Ganz haben die PädagogInnen die Hoffnung auf Reformen dennoch nicht aufgegeben. "Es gibt Bewusstsein für das Thema, nur noch immer keine Änderung der unerträglichen Situation." 

Politik will handeln

Ein Sprecher von Ministerin Schmied sagt zu den Vorwürfen: Man habe sehr wohl vor, auch die Ausbildung der ElementarpädagogInnen auf universitäres Niveau zu heben. Im mit der ÖVP akkordierten Ministerratsvortrag sei das auch festgehalten. Details zur LehrerInnen-Ausbildung sollen kommende Woche bei einer Pressekonferenz vorgestellt werden. (rwh, derStandard.at, 14.11.2012)