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Robert Schwarzenbacher, gekündigter Biologe.

Foto: APA/Gindl

Formal war die Kündigung des ehemals international angesehenen Salzburger Molekularbiologen Robert Schwarzenbacher in Ordnung, bestätigte das Arbeitsgericht Salzburg vergangene Woche. Das Verfahren ist damit zwar noch nicht abgeschlossen, doch die verheißungsvolle wissenschaftliche Karriere Schwarzenbachers, der nach seiner Kündigung Ende März als Lehrer arbeitet, scheint fürs Erste vorbei.

Schwarzenbacher hatte in einem Artikel über Birkenpollen-allergene Daten manipuliert; Bernhard Rupp, ein österreichischer Kristallograf, der in den USA tätig ist, hat die Fälschung aufgedeckt und darüber in der Fachzeitschrift Acta Crystallographica berichtet. Der Fall war der gravierendste, mit dem sich die Österreichische Agentur für wissenschaftliche Integrität (OeAWI) bisher zu befassen hatte. Nun prüft die OeAWI weitere Publikationen Schwarzenbachers.

Der Molekularbiologe selbst sprach von einem Fehler, der ihm in einer Überlastungssituation passiert sei. Außerdem habe er sich entschuldigt und den Artikel zurückgezogen. Damit ist Schwarzenbacher international kein Einzelfall: Erst im Oktober hieß es in einem Aufsatz im Fachblatt PNAS, dass seit 1973 fast 1000 biomedizinische Fachpublikationen zurückgezogen wurden, weil in irgend einer Form betrogen wurde. Auffällig dabei: Seit 2005 stieg der Anteil dieser Betrugsfälle im Vergleich zu den ersten Jahren des Untersuchungszeitraums stark an, nämlich um das Zehnfache im Vergleich zur Anzahl aller Publikationen.

Das relativiert sich freilich insofern, als der Anteil der gefälschten Artikel, die zurückgezogen wurden, im Vergleich zu allen anderen von rund 0,001 auf 0,01 Prozent stieg. Wissenschaft scheint also im Vergleich zur Politik oder der Wirtschaft immer noch ein vergleichsweise ehrliches Geschäft zu sein. Doch auch hier mehren sich langsam, aber sicher die Betrugsfälle. Es spricht freilich auch für die Wissenschaft, dass sie selbst darauf reagiert: etwa durch die Einrichtung von Agenturen für wissenschaftliche Integrität, mit etwas Verspätung auch in Österreich. Oder durch eigene Tagungen zum Thema Betrug - wie jene des Alumnivereins der Stipendiaten der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) kommenden Montag.

Konkurrenzdruck steigt

Was aber sind die Gründe, dass die schwarzen Schafe mehr werden? Die Wissenschaftssoziologen sind sich weitgehend einig, dass der gestiegene Konkurrenzdruck daran Schuld trägt. Immer mehr Forscher wollen in den Top-Journalen publizieren, die deshalb auch besonders oft von zurückgezogenen Artikeln betroffen sind: Science, PNAS und Nature sind drei der vier Spitzenreiter bei den Betrugsfällen. Aber auch die Förderungsgelder wachsen nicht in dem Maß, in dem die Zahl der Anträge steigt. Dazu kommt, dass in der Wissenschaft neue Erkenntnisse, und seien sie noch so gering, viel stärker honoriert werden als etwa experimentelle Bestätigungen wichtiger Erkenntnisse.

Was kann dagegen unterkommen werden, damit die immer noch seltenen schwarzen Schafe mehr werden? Arturo Casadevall, Hauptautor der neuen PNAS-Studie über die gefälschten und zurückgezogenen Artikel in der Biomedizin, fordert weniger Publikationsdruck für Jungforscher sowie mehr Ethikunterricht in allen Wissenschaftsfächern. Für eine abschreckende Maßnahme trat kürzlich der Historiker Götz Aly im Gespräch mit science.orf.at ein: Aly, der selbst mehrfach das Opfer von Plagiierungen wurde, forderte eine Art Online-Pranger für Betrüger.

Abschreckend ist zweifellos aber auch die Art und Weise, wie das Fehlverhalten Robert Schwarzenbachers geahndet wurde. Die Entlassung eines Universitätsprofessors aufgrund von Manipulationen in einem Artikel stellt in der österreichischen Universitätsgeschichte einen Präzedenzfall dar. Geprüft wird noch, ob die Kündigung sozialwidrig war. (red, DER STANDARD, 14.11.2012)