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Innenministerin Mikl-Leitner stellt ein Fünf-Punkte Programm zur Verbesserung des Zivildienstes vor.

Foto: APA/Jaeger

Wien - Mit Wahlkampftönen hat die Sitzungswoche des Nationalrats am Dienstag begonnen. Die ÖVP hatte als Thema der Aktuellen Stunde "Perspektiven des Zivildienstes" ausgewählt - und damit die Auseinandersetzung über die Wehrpflicht-Frage ins Parlament geholt. Nicht nur SPÖ und ÖVP, auch die Oppositionsparteien nutzten die Gelegenheit, um die Österreicher bei der Volksbefragung am 20. Jänner um ein Votum in ihrem Sinn zu bitten.

Für die ÖVP präsentierte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner ein "Fünf-Punkte-Programm zur Verbesserung des Zivildienstes" - quasi als Vor-Antwort auf Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ), der am Donnerstag Details seines "Sozialjahres" präsentieren will, das den Zivildienst im Fall eines Wehrpflicht-Endes ersetzen soll. Mikl-Leitner will hingegen das "Erfolgsmodell" Zivildienst weiterentwickeln und attraktiver machen.

Debatte um Hundstorfer-Modell

Dazu schlägt sie vor, den Zivildienst zu öffnen für Frauen sowie für Männer, die die Wehrpflicht abgeleistet haben. Dort erworbene Kenntnisse sollen bei gewissen Berufsausbildungen, Aufnahmetests oder Prüfungen angerechnet werden, Zivildiener "noch stärker" nach ihren Qualifikationen eingesetzt werden. Die Arbeitszeiten will Mikl-Leitner flexibler gestalten und die Verwaltung vereinfachen. Man dürfe nicht "wegen eines Wahlkampfgags der SPÖ in Wien" auf ein bewährtes System verzichten. Ein bezahltes Sozialjahr wäre der Anfang vom Ende der Ehrenamtlichkeit, sagte Mikl-Leitner - und es sei nicht der Weg der ÖVP, "dass jeder, wenn er Hand anlegt, auch die Hand aufhält".

Hundstorfers Modell sei sehr gut, entgegnete die SPÖ-Abgeordnete Christine Lapp. Im 21. Jahrhundert könne man nicht mehr wie die ÖVP auf "helfende Hände in der Gesellschaft" setzen - denn das bedeute, dass jungen Männern sechs Monate ihrer Ausbildungszeit gestohlen würden mit "Zwangsverpflichtung, Ausbeutung und keiner gerechten Bezahlung". Die SPÖ trete für eine Modernisierung ein im Sinn von Freiwilligkeit, Professionalisierung und gerechter Bezahlung.

Der SPÖ-Abgeordnete Otto Pendl sagte, die Sache werde "verkehrt" diskutiert. Bei der Volksbefragung gehe es um eine Militärfrage, um die Sicherheitspolitik und deren Anpassung an die heutige Zeit. Sowohl Militär als auch Sozialbereich seien zu wichtig, um sie gegeneinander auszuspielen.

FPÖ bekräftigt Stimme für Wehrpflicht

Die Oppositionsparteien bekräftigten ihre Positionen. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache plädierte für die Wehrpflicht, weil er kein "Söldnerheer" haben wolle, ein Berufsheer zu teuer wäre und der Ausfall der Zivildiener Rettungs- und Hilfsorganisationen bedrohe. Die SPÖ gefährde wegen eines Wahlkampfgags Landesverteidigung, Katastrophenschutz und soziale Sicherheit, sagte Strache.

Die Grünen sehen dagegen keinen Grund, jungen Männern weiterhin sechs Monate ihrer Lebenszeit zu stehlen. Auch die ÖVP habe für die Wehrpflicht kein einziges militärisches Argument. Nur den Zivildienst vorzubringen sei "ein bisserl billig", sagte Parteichefin Eva Glawischnig. Das Sozialjahr sei auch kein "Anschlag auf die Ehrenamtlichkeit". Schon jetzt würden bei Rettungsdiensten bezahlte Haupt- und unbezahlte Ehrenamtliche nebeneinander Dienst tun.

Das BZÖ tritt für das Berufsheer und eine Bürgerhilfe als Ersatz des Zivildiensts ein. Das bedeute nicht die Abschaffung des Bundesheeres, sondern dessen Aufwertung und Verbesserung, sagte der Abgeordnete Gerald Grosz. SPÖ und ÖVP hätten die Sicherheitsfrage "verparteipolitisiert". Weil sie sich nicht einig werden konnten, würden sie nun ein parteipolitisches Spiel auf dem Rücken von Zivildienst und Bundesheer führen.

Team Stronach für Berufsheer mit fairer Bezahlung

Die Position des Teams Stronach erläuterte Christoph Hagen. Die neue Partei tritt für ein Berufsheer mit "fairer" Bezahlung und einen Freiwilligendienst für Männer und Frauen ein. "Wir wollen keinen Zwang, wir wollen niemanden zwangsverpflichten." Die Volksbefragung ist für Hagen eine Alibiaktion - die Bürger könnten dabei nur zwischen Pest und Cholera entscheiden. Es gebe keine Pläne für die Zeit danach. Außerdem forderte Hagen mehr Geld für die Verteidigung, die Regierung lasse das Bundesheer "verlumpen".

Hundstorfer: Keine Leistungskürzungen

Es werde zu keinen Leistungskürzungen kommen, erklärte Hundstorfer am Dienstag in einer Aussendung. "Im Gegenteil: Die Teilnehmer des Sozialen Jahres werden gut und umfassend ausgebildet und sie üben ihre Tätigkeit freiwillig und damit motiviert aus."

Das bezahlte freiwillige Soziale Jahr würde laut Hundstorfer auch keineswegs ein Ende der Freiwilligentätigkeit bedeuten. "Von den rund drei Millionen Ehrenamtlichen in Österreich waren sicher nicht alle vorher beim Zivildienst." Das Modell des Sozialjahres sei gut durchgerechnet und in allen Details mit den Trägerorganisationen abgestimmt. Es sei daher alles andere als ein Wahlkampfgag, wie von der Innenministerin behauptet.

Am Donnerstag will Hundstorfer sein Modell nach einer letzten Runde mit den Trägerorganisationen vorstellen. (APA, 13.11.2012)