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21.820 - das ist die Anzahl von Personen, die sich österreichweit im Vorjahr an die Schuldnerberatung gewandt haben - und damit zum ersten Mal Kontakt mit dieser Institution hatten. Das sind um 751 Menschen mehr als noch im Jahr 2010. Gestiegen ist auch die Höhe der durchschnittlichen Verschuldung, die 2011 bei 73.108 Euro lag. Das geht aus dem Report hervor, den die Schuldnerberatung jährlich erstellt. Die Zahlen für 2012 werden zum Jahreswechsel ausgewertet. Als Tendenz für das erste Halbjahr gilt, dass der Anteil an Arbeitslosen, die in die Beratung kommen, gestiegen ist und die Privatkonkurse.

Schulden werden zum Selbstläufer

Männer stehen im Schnitt mit 83.760 Euro deutlich höher in der Kreide als Frauen, die durchschnittlich 57.634 Euro schulden. "Diese großen Beträge setzen sich daraus zusammen, dass über einen langen Zeitraum die Schulden nicht bedient werden können", erklärt Alexander Maly von der Schuldnerberatung Wien. Die anfangs oft recht kleinen Schulden würden sich bei Jobverlust oder einer Trennung schnell verselbstständigen. Zinsen und Zinseszinsen würden zum Selbstläufer, sagt Maly. "Als Faustregel gilt, dass sich die Schulden alle fünf Jahre verdoppeln, wenn nicht wirklich daran gearbeitet wird", erklärt der Experte.

Als großes Problem führt Maly an diesem Punkt auch die Gesetzeslage in Österreich an. Man könne - etwa bei Banken - zwar einen Zahlungsaufschub erreichen. Einen Zinsenstopp allerdings nicht. Damit häuft sich die Schuld weiter an. Im Falle der Überschuldung werde zudem oft ein wesentlicher Fehler begangen, beobachten die Experten. Anstatt darauf zu achten, die Miete, Energie und gegebenenfalls die Alimente zu zahlen, werden andere Ausgaben getätigt und keine Priorisierung vorgenommen. Dann drohe im schlimmsten Fall auch noch die Delogierung.

Die Statistik zeigt, dass Verschuldung auch mit dem Thema Bildung verknüpft ist. Die Mehrheit (54,9 Prozent) jener, die im Vorjahr die Schuldnerberatung aufgesucht haben, verfügt über einen Lehrabschluss bzw. eine berufsbildende Fachschule. 34,8 Prozent haben den Pflichtschulabschluss, 7,5 Prozent Matura und 2,7 Prozent haben eine Ausbildung über das Maturaniveau hinaus, etwa ein abgeschlossenes Studium. Dass Menschen mit weniger Ausbildung öfter überschuldet sind, hängt laut Maly vor allem damit zusammen, dass diese Gruppe weniger verdient und es bereits schwerer hat, die Kosten des täglichen Lebens zu stemmen. Der Grundbetrag des (nicht exekutierbaren) Existenzminimuns liegt bei 793 Euro. 24,5 Prozent der Klienten verdienen weniger als das.

Als klassische Schuldenfallen gelten die Null-Euro-Smartphone-Verträge. Wer seine monatliche Rate nicht bedienen kann, bekommt nämlich den Gesamtvertrag (läuft oft über zwei Jahre) in Rechnung gestellt, womit schnell 2000 Euro offen sind. Für Lehrlinge etwa ist das eine oft unüberwindbare Hürde. "Auch die Konsumkredite sind ein schneller Weg in die Schuldenfalle", fasst Maly zusammen. (bpf, DER STANDARD; 20.9.2012)