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Der greise Staatsheld Kalaschnikow kämpft um sein Lebenswerk.

Foto: Reuters/Stringer

Moskau - Russland plant die Rettungsoffensive für seine darbende Rüstungsindustrie. Der kriselnde Hersteller des legendären Sturmgewehrs Kalaschnikow, Ischmasch, soll fusionieren und künftig gemeinsam mit dem Waffenbauer Ischmech aus allen Rohren feuern. Der hochbetagte Waffenkonstrukteur Michail Kalaschnikow (93) habe bereits zugestimmt, dass das neue Unternehmen seinen Namen trägt, jubelt Vizeregierungschef Dmitri Rogosin beim Kurznachrichtendienst Twitter.

"Kalaschnikow - das ist ein echter Markenname", meint der frühere NATO-Botschafter. Doch klar ist: Viel mehr Kugeln hat der einst stolze Schusswaffenproduzent Russland nicht im Lauf. Der Niedergang des zahlungsunfähigen Kalaschnikow-Bauers Ischmasch - ausgerechnet zum 65. Geburtstag des Gewehrs - ist dafür ein Symbol. "Die Industrie steckt tief in der Krise", stellt der Rüstungsexperte Wadim Kosjulin fest. Selbst das russische Verteidigungsministerium hat kein Interesse mehr an den Waffen aus heimischer Produktion.

Keine Verbesserung

Die neuen Kalaschnikows böten keine bedeutenden Vorteile im Vergleich zu den alten, kritisiert der Generalstab. Auch die medienwirksame Ankündigung einer "Kalaschnikow für eine Hand" erwies sich als Flop. Überhaupt liegen derzeit für etwa eine Million Soldaten rund 17 Millionen Exemplare des "Awtomat Kalaschnikowa" (AK) mit dem markant gekrümmten Magazin bereit - das reicht fürs erste.

Unter dem gerade geschassten Verteidigungsminister Anatoli Serdjukow seien zudem die Beziehungen zwischen der Armee und der einflussreichen Rüstungslobby auf einen Tiefpunkt gerutscht, wird in Moskau verbreitet. Serdjukow stellte öffentlich die ketzerische Frage, ob Russland überhaupt noch die Kalaschnikow brauche. Auch deswegen habe Kremlchef Wladimir Putin Serdjukow, den Zivilisten in Uniform, gefeuert und seine "Allzweckwaffe" Sergej Schoigu auf den wichtigen Posten berufen.

Denn negative Nachrichten, die das milliardenschwere Exportgeschäft beeinträchtigen könnten, kann sich Russland nicht leisten. "Wenn selbst das Herstellerland kein Interesse hat, reduziert das die Verkaufschancen im Ausland erheblich", zitiert das Wirtschaftsmagazin "Kommersant Dengi" einen Rüstungsvertreter.

Kalaschnikow kämpft um sein Lebenswerk

Der greise Staatsheld Kalaschnikow aber kämpft um sein Lebenswerk. Lange war ihm die ernste Lage "seiner" Firma mit Rücksicht auf seine angeschlagene Gesundheit verschwiegen worden. Nun hat er mit einem Brandbrief an Putin die Kremlhilfe für die Industrie angefeuert.

Kein Geld für Neuentwicklungen, keine Fachkräfte - die russische Waffenindustrie hat Ladehemmung. Zwar soll die Armee auf Geheiß Putins bis 2020 für Abermilliarden Euro generalüberholt werden. Doch das Geld werde kaum reichen, um die maroden Rüstungsbetriebe auf Vordermann zu bringen, meinen Experten. Außerdem mischen immer mehr Konkurrenten aus aufstrebenden Wirtschaftsmächten wie China auf dem Weltmarkt mit. Hinzu kommt: Bei einem Großteil der Millionen Kalaschnikows, die in Afrika und Lateinamerika im Einsatz sind, handelt es sich um Nachbauten. Russland erhielt dafür keinen Rubel.

Mit dem Unternehmensnamen Kalaschnikow hofft der Staatskonzern Rostechnologii daher auch auf stärkeren Markenschutz - und mehr Werbewirksamkeit. Die Fusion der Waffenbauer Ischmasch und Ischmech soll aber vor allem Kosten sparen, die Unternehmen wettbewerbsfähiger machen. "Der Betrieb kann sich dann auf die Entwicklung und Produktion der neuen Modelle konzentrieren", urteilt Rüstungsexperte Igor Korotschenko. Noch arbeiten etwa 5.000 Menschen in den Rüstungsschmieden in der Stadt Ischewsk am Ural. Viel zu tun gibt es derzeit für sie nicht. (APA, 13.11.2012)