Bregenz - In jeder der 96 Vorarlberger Gemeinden steht ein " Kriegerdenkmal". Erinnerungsstätten für Deserteure fehlen wie überall in Österreich. Für den Historiker Werner Bundschuh ist das eine Frage der gesellschaftlichen Hierarchien und Machtverhältnisse: "Fehlende Gedenkstätten verweisen auf Ereignisse, die in der öffentlichen Wahrnehmung nicht vorkommen sollen." In Bregenz will man sich nun jener erinnern, die aus der deutschen Wehrmacht desertiert sind. Ob mit einem klassisches Denkmal oder einem anderes Medium, ist offen.

"Wettlauf mit Wien ist das keiner", sagt Bundschuh, "aber es sollte jetzt endlich was geschehen, damit solche Denkmäler in der österreichischen Erinnerungslandschaft selbstverständlich werden". Die Entscheidung über die Gedenkstätte für Deserteure wurde im Kulturausschuss zwei Jahre auf die lange Bank geschoben, nun wird eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die im Februar einen Projektplan vorlegen soll. Auch in anderen Vorarlberger Gemeinden beginnt sich eine neue Erinnerungskultur durchzusetzen.

Denkmäler in Überarbeitung

In Lustenau, Österreichs größter Marktgemeinde, in der bis 2010 über Jahrzehnte die FP die Mehrheit hatte, bekommt das gängige " kameradschaftsbündlerische Geschichtsbild" (Bundschuh) eine Alternative. In direkter Nachbarschaft zum Kriegerdenkmal wird eine Erinnerungsstätte für alle Opfer des Nationalsozialismus errichtet. Am 9. November 2013 soll das Werk von Künstler Udo Rabensteiner übergeben werden. Vorausgehen wird ein Rahmenprogramm aus Vorträgen und Schulprojekten. Kulturreferent Daniel Steinhofer (VP): "Einfach nur so hinstellen wollen wir das Denkmal nicht."

Auch einige Landgemeinden überdenken die bisherige Gedenkkultur. In der kleinen Walgau-Gemeinde Schnifis, wo der von den Nazis hingerichtete Deserteur Martin Lorenz als Gefallener auf dem Kriegerdenkmal steht, arbeiten Jugendliche an einer neuen Version des Denkmals.

Im Bergdorf Fontanella im Großen Walsertal gab die Seligsprechung des Priesters und NS-Gegners Carl Lampert im Vorjahr den Anstoß für ein Erinnerungsprojekt: Künstler arbeiten nun an einer Gedenkstätte für Zwangsarbeiter, die im Tal Straßen bauen und auf Höfen arbeiten mussten.
 (Jutta Berger, DER STANDARD, 13.11.2012)