Die erste Urabstimmung einer Partei in Deutschland endete am Wochenende mit einer Überraschung. Die grüne Basis wünscht sich, dass Bundestagsfraktionschef Jürgen Trittin und die Vizepräsidentin des Bundestags Katrin Göring-Eckardt die Ökopartei als Spitzenkandidaten in die Bundestagswahl 2013 führen.
Wochenlang hatten die 60.000 Parteimitglieder Gelegenheit gehabt, ihre Stimme abzugeben, 61,6 Prozent waren dem Aufruf der Parteispitze nachgekommen. Trittin galt als sicher gesetzt, er erreichte schließlich auch mit Abstand die meisten Stimmen, nämlich 71,9 Prozent.
Mit Göring-Eckardt auf Platz zwei (47,3 Prozent) hatten jedoch die wenigsten gerechnet. Vielmehr waren Parteichefin Claudia Roth und Ko-Fraktionschefin Renate Künast gute Chancen vorausgesagt worden. Doch die beiden blieben weit abgeschlagen. Künast erreichte 38,6 Prozent der Stimmen, Roth nur 26,2 Prozent. Die anderen elf Kandidaten - kaum bekannte Männer und Frauen der Basis - erreichten keine nennenswerten Stimmanteile.
"Wir wollen die Regierung Merkel ablösen und deutlich machen, dass wir für eine bessere Gesellschaft kämpfen, wir wollen die bürgerliche Mitte, wenn man sie so nennen will, niemand anderem überlassen", sagte Göring-Eckardt nach ihrer Nominierung.
Erklärtes Ziel des neuen Spitzenduos: Kanzlerin Angela Merkel durch Rot-Grün abzulösen. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück will sich nach seiner offiziellen Nominierung durch den SPD-Parteitag Anfang November rasch mit Trittin und Göring-Eckardt zusammensetzen.
Göring-Eckardt, die zum wertkonservativen Flügel der Grünen zählt, will vor allem Wähler im Osten ansprechen. Die 46-Jährige stammt aus Thüringen. Sie war unter Rot-Grün bis 2005 Fraktionschefin im Bundestag, danach wurde sie Vizepräsidentin. Göring-Eckardt ist auch Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche. (Birgit Baumann aus Berlin /DER STANDARD, 12.11.2012)