Stuttgart - Es war das erste Urteil gegen den Angehörigen eines Amokläufers - und es ist hinfällig. Am Mittwoch (14. November) startet der Prozess gegen den Vater des 17-jährigen Todesschützen von Winnenden und Wendlingen noch einmal von vorn. Wegen eines Verfahrensfehlers hatte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe das Urteil des Stuttgarter Landgerichts vom Februar 2011 kassiert. Damals war der Geschäftsmann zu einem Jahr und neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden - wegen 15-facher fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung in 14 Fällen und Verstoßes gegen das Waffengesetz. Seine Verteidiger legten Revision ein.

Tim K. hatte am 11. März 2009 in seiner früheren Realschule in Winnenden (Baden-Württemberg) und auf der Flucht nach Wendlingen 15 Menschen und dann sich selbst erschossen. Die Tatwaffe hatte sein Vater unverschlossen im Schlafzimmer aufbewahrt. Die 18. Strafkammer des Landgerichts sah darin ein "komplettes Versagen" des Angeklagten, sein Sohn wäre ansonsten nicht an Pistole und Munition gekommen. Dies wiege umso schwerer, als er von der "seelischen Not" des Teenagers und auch von dessen Tötungsfantasien gewusst habe.

Wichtige Zeugin nicht befragt

Grund für die Neuauflage war laut BGH, dass die Verteidigung keine Gelegenheit gehabt hat, eine wichtige Zeugin zu befragen. Die Familientherapeutin hatte zunächst ausgesagt, die Eltern hätten von Tötungsfantasien des 17-Jährigen gewusst - und den Angeklagten damit stark belastet. Später widerrief sie ihre Aussage erst, um sie dann doch aufrecht zu erhalten. Der BGH legte der neuen Kammer zudem nahe, "deutlicher als bisher" zu beraten, welche Unterlagen von Untersuchungen Tim K.s in der psychiatrischen Weissenhof-Klinik in den Prozess eingebracht werden können. (APA, 10.11.2012)