Es soll Zeiten gegeben haben, in denen sich die Klientel um die Ware regelrecht gestritten habe, die Gemälde buchstäblich von den Wänden und das Kunstgewerbe aus den Vitrinen gezerrt hätte. Irgendwann, in den 1960er- oder 70er-Jahren, erzählt man sich, sei das auf Messen eher die Norm als die Ausnahme gewesen.

Paradiesische Zustände für die Kunsthändler und - so es sich tatsächlich so begab - für die gegenwärtig agierende Generation ein völlig unbekanntes Phänomen. Ob in München oder in Wien, die auf Messen herumstreunenden potenziellen Kunstkäufer, hört man, seien ungleich besser informiert und vor allem wählerischer. Auf Knopfdruck verfügbare Auktionsergebnisse, auf deren Basis zunehmend vermeintlich allgemeingültige Preisgestaltungen abgeleitet würden oder der Wandel des Geschmacks erklären nicht alles, aber doch einiges.

Die Überlebensstrategie des Handels lässt sich mittlerweile am Angebot ablesen, wie das in den Palais Ferstel und Niederösterreich (Wiener Internationale Kunst- und Antiquitätenmesse, bis 11. 11.) sowie in der Hofburg (Art & Antique Hofburg Vienna, bis 18. 11.) aktuell verteilte Sortiment belegt: Der schwindenden Zahl reiner Spezialisten (bildende Kunst / Alte Meister und Gemälde 19. u. 20. Jahrhundert) steht eine wachsende an Teilnehmern gegenüber, die ihre ehemaligen Kerngebiete bis zur Gegenwartskunst erweiter(te)n oder ihre Präsentationen um Impulswaren anderer Sparten ergänz(t)en.

Atmosphärisch mögen solche Spagatübungen quer durch die Jahrhunderte, Gattungen, Techniken und Materialien bisweilen an Gemischtwarenhandlungen erinnern. Nur, die Taktik funktioniert, und zwar für beide Seiten: Denn irgendetwas verkauft bzw. findet sich immer, lautete diese Woche das auch in den Palais Niederösterreich und Ferstel vorherrschende Credo. Die Teilnehmer dort geben sich mehrheitlich zufrieden, die anderen hoffen noch.

Für manche läuft es dem Vernehmen nach erfolgreicher als 2011. Ihre Kunden, sagen sie, hüten lieber ein Meisterwerk an der Wand oder in der Vitrine als ein sinn- weil zinslos auf einem Sparbuch gebunkertes Vermögen in der Schublade. (kron, Album, DER STANDARD, 10./11.11.2012)