Gernot Schieszler, ehemaliger Festnetz-Finanzchef der Telekom Austria, hat in strafrechtlicher Hinsicht an etlichen Fronten zu kämpfen - eine davon ist jüngst dazugekommen. Neuerdings ermittelt nämlich auch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen ihn.

Bauprojekte in Albanien

Deren Vorwürfe - es geht um den Verdacht auf Bestechung und verbotene Absprachen rund um Bauprojekte in Albanien - haben aber nichts mit der Causa Telekom Austria (TA) zu tun. Sie stehen vielmehr im Zusammenhang mit Schieszlers jetziger Tätigkeit als Finanzvorstand des Grazer Anlagenbauers Christof Holding AG.

In der Causa Telekom ermittelt die Staatsanwaltschaft Wien wegen Bestechungsvorwürfen sonder Zahl, Schieszler ist Beschuldigter. Er hat sich der Justiz aber als Kronzeuge angeboten. Heißt: Schieszler muss bei der Staatsanwaltschaft all sein Wissen über mutmaßliche Vergehen auf den Tisch legen, bevor die Ermittler anderweitig Wind davon bekommen. Tut er das nicht bis ins klitzekleinste Detail, ist es mit der Straffreiheit des Kronzeugen vorbei - das erfährt der Betroffene allerdings erst am Ende des Verfahrens. Und: Judikatur zur neuen Kronzeugenregelung, und was ihr entgegensteht, gibt es noch keine.

Genau deshalb sind die neuen Ermittlungen prekär für Schieszler - wiewohl er die Vorwürfe sowieso zurückweist. „Alles völliger Blödsinn", meint sein Anwalt, Stefan Prochaska. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft bestätigt die Ermittlungen gegen Schieszler. Mehr aber nicht: Es handelt sich um einen Verschlussakt.

Aus dem Standard vorliegenden Protokollen geht hervor, dass die neue Causa Schieszler durch Telefonüberwachungen in jenem Verfahren entstanden sind, das die WKStA gegen zwei Lobbyisten (Ex-Kabinettsmitarbeiter im Justizministerium) und Justizmitarbeiter führt. Aus Telefonaten von Anfang des Jahres eruierte das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) laut einem Zwischenbericht, dass Schieszler mit einem der beiden Lobbyisten sowie mit Michael S., einem Ex-Hochtief-Manager, nach Albanien geflogen ist, um „Besprechungen über die Errichtung einer Kläranlage und eines Kanalbauprojekts durchzuführen". Auch den Verkehrsminister Albaniens trafen die drei.

„Es könnte sich um Bestechungsgelder gehandelt haben."

In die Auftragsvergabe sei zudem ein Ukrainer involviert gewesen, der mit Manager S. über einen Beratungsvertrag und Provisionen („die albanische Seite wollte drei bis fünf Prozent vom Zuliefervertrag und ein Prozent von der Provisionsvereinbarung") in Streit geriet. Der Lobbyist habe daraufhin erklärt, „er werde mit Schieszler reden, dass er als Finanzer vermittelnd eingreifen könne". Der Vorwurf, den nun die WKStA prüft: „Es könnte sich um Bestechungsgelder gehandelt haben." Angesichts des Treffens mit dem Minister bestehe bei Schieszler „der Verdacht der Beteiligung an einer Bestechung" (§307 StGB). Auch der Vorwurf der Anstiftung zu rechtswidrigen Absprachen (§168b StGB) gegen Schieszler beruht auf Geschäftsanbahnungen in Albanien; in diesem Fall ging es um ein Autobahnprojekt.

Laut Schieszlers Anwalt haben die Lobbyisten die Projekte an die Christof Group herangetragen, Schieszler sei tatsächlich nach Albanien gereist, „um Vorsondierungen zu führen". Zu den Projekten oder Ausschreibungen dafür sei es dann aber nie gekommen, „und Christof hat auch nie vorgehabt, jemanden zu schmieren, die Vorwürfe sind haltlos".

Dass die neuen Vorwürfe den_Kronzeugenstatus seines Mandanten gefährden könnten, glaubt Prochaska nicht: „Die Sache hat ja nichts mit der Telekom zu tun."(Renate Graber, Der Standard, 09.11.2012)