Das chinesische Volk sei wie ein weißes Blatt Papier, auf das man die schönsten Zeichen malen könne, sagte einst Genosse Mao Tsetung. Mit Hu Jintao tritt nun der politische Kalligraf der vierten KPCh-Führergeneration in den Hintergrund - allerdings nicht ohne seinem Nachfolger Xi Jinping mit seiner Rede vor dem Parteikongress Arbeitsprogramm und strategische Ausrichtung für die kommenden Jahre mit auf den Weg zu geben.

"Partei" war das meistgebrauchte Wort in Hus Rede. Sie ist zentraler Angelpunkt in der Politik Pekings. Aus dieser Perspektive ist es klar, dass es keine substanziellen Reformen hin zu mehr Demokratie geben wird, solange die Altvorderen in der Partei noch so viel zu sagen haben wie der greise Jiang Zemin oder der demnächst pensionierte Hu. So wird Xi zumindest in seinen ersten Jahren den Status quo verwalten müssen - etwas konzilianter im Ton vielleicht, aber beinhart in der Sache der Partei.

Der "Sozialismus chinesischer Prägung" wird auch ihm die Hand führen, wenn er seine Zeichen zu Papier bringt. Etwas substanziell Neues, ein Systemwechsel gar, wird dabei nicht geschrieben werden - so lange nicht, bis ihm oder seinen Nachfolgern das chinesische Volk in die Hand fällt. Sei es aus Not, weil das chinesische Wirtschaftsmodell nicht mehr funktioniert. Oder sei es aus schierer Unzufriedenheit, weil die Schreiber ihre andere Hand nebenher in den Kassen des Staates haben. (Christoph Prantner, DER STANDARD, 9.11.2012)