Genau ein Jahr ist es her, dass Beate Z. sich in Jena (Thüringen) der Polizei stellte. Nach mehreren Tagen auf der Flucht kam die 37-Jährige am 8. November 2011 in die Polizeidienststelle.

Seither sitzt sie in Untersuchungshaft und wartet auf ihren Prozess. Am Donnerstag hat die Bundesanwaltschaft nun Anklage erhoben. Z. wird sich wegen Mittäterschaft an zehn Morden und 15 Banküberfällen in ganz Deutschland, wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, versuchter Morde durch Sprengstoffanschläge und Brandstiftung sowie schwerer Brandstiftung vor Gericht verantworten müssen.

"Nationalsozialistischen Untergrund" mitgegründet

Generalbundesanwalt Harald Range ist überzeugt: Beate Z. und ihre beiden Freunde Uwe B. und Uwe M. waren Gründer und danach gleichberechtigte Mitglieder des "Nationalsozialistischen Untergrundes" (NSU). Die drei verstanden sich als "ein einheitliches Tötungskommando, das seine Mordanschläge aus rassistischen und staatsfeindlichen Motiven arbeitsteilig verübte".

Uwe B. und Uwe M. sind tot, sie haben sich am 4. November 2011, als ihnen die Polizei nach einem Banküberfall auf die Spur kam, selbst erschossen. Beate Z. ist somit die einzige Überlebende des harten NSU-Kerns, der gemeinsam im Jahr 1998 untergetaucht war und nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft dann seine Verbrechen beging.

Angeklagte soll gemeinsame Wohnung gesprengt haben

Dazu zählen die Morde an acht türkischen und einem griechischen Kleinunternehmer sowie einer deutschen Polizistin zwischen den Jahren 2000 und 2007 und zwei Sprengstoffanschläge in Köln 2001 und 2004. Beim zweiten Anschlag explodierte eine Nagelbombe, 22 Menschen wurden schwer verletzt.

Beate Z. soll am 4. November 2011, dem Todestag ihrer beiden Kumpanen, noch das Haus mit der gemeinsamen Wohnung in Zwickau (Sachsen) in die Luft gejagt haben. Dies wertet die Bundesanwaltschaft als Mordversuch an einer Nachbarin und zwei Handwerkern, die sich zum Zeitpunkt des Anschlags im Haus befanden.

Vier Helfer im Visier

Zudem hat die Bundesanwaltschaft gegen vier mutmaßliche Helfer der Terrorzelle Anklage erhoben. Dazu zählt auch Ralf Wohlleben, der früher stellvertretender Landeschef der NPD in Thüringen war. Er soll das NSU-Trio nicht nur finanziell unterstützt, sondern auch die Mordwaffe, eine Ceska 83, besorgt haben.

Damit Wohlleben die Prozesskosten bezahlen kann, haben seine Gesinnungsfreunde eine Solidaritäts-CD von Rechtsrock-Bands herausgebracht. Wohlleben und Z. sind die einzigen beiden Angeklagten, die nach wie vor inhaftiert sind. Die Anklageschrift umfasst 500 Seiten, der Prozess wird im kommenden Frühjahr in München stattfinden. Beate Z. schweigt seit dem Tag ihrer Verhaftung. (Birgit Baumann, DER STANDARD, 9.11.2012)