Wien - Österreichs Medienpolitik bestimmen traditionell Deals zwischen ORF und Zeitungsverband. Wie jenes Tauschgeschäft, das dem Gebührensender nun Zustimmung der Verleger zu Werbung auf seiner TVthek bescherte. Mittwoch endete die Frist für Stellungnahmen. Der Privatsenderverband protestierte erwartungsgemäß, der Zeitungsverband stimmte zu.

Der ORF lockte die Blätter wie berichtet, die Zeitungen könnten dafür seine Sendungen auf ihren Internetplattformen verwenden und selbst vermarkten. Mit Erfolg.

Der Zeitungsverband, kurz VÖZ, findet zwar, Antrag und Gutachten für die TVthek-Vermarktung würden Auswirkungen auf den Wettbewerb verharmlosen. Seine zweite Bedingung für Werbung um und in den ORF-Sendungen auf Abruf: Diese Einnahmen dürften allein dem Ausbau, der Verbesserung und Vermarktung der TVthek dienen. Auf deren so ausgebaute Inhalte dann die Zeitungswebsites zugreifen können.

Der Verband der Privatsender (VÖP) indes lehnt den ORF-Antrag rundweg ab. Er würde die Vormacht des ORF verstärken, führe zu "starkem Preisdruck" und schade dem dualen Rundfunkmarkt. Ertragschancen der Privaten würden dadurch "deutlich verringert".

Am Wort sind nun Wettbewerbs- und Medienbehörde, ob die Vermarktung dem ORF-Gesetz entspricht.

Auf rasche Änderung des Gesetzes drängen unterdessen die ORF-Redakteure. Zur Klausur der Regierung verlangten sie in einem offenen Brief (hier im Wortlaut) von Kanzler, Vizekanzler und Medienstaatssekretär eine Reform noch vor der Nationalratswahl 2013. Ihre Ziele:

  • Ein neuer Aufsichtsrat für den ORF, deutlich kleiner als der Stiftungsrat und "nach fachlichen und nachvollziehbaren Kriterien" besetzt.
  • Mehr Rechte für Redakteure Ein verbessertes Statut solle es "unmöglich machen", Mitwirkungsrechte der Redakteure bei Besetzungen von Führungsjobs "immer wieder zu negieren".
  • Strafen für Aufsichtsräte, die ihren Pflichten nicht nachkommen, und für Verletzungen des Redakteursstatuts.
  • Wirtschaftliche Absicherung des ORF.
  • Weniger Beschränkungen für das Onlineangebot des ORF.

Die Redakteure dürften da weniger die TVthek und ihre Vermarktung meinen als die Nutzung von Social Media. (Harald Fidler, DER STANDARD, 9.11.2012)