Rechtzeitig zu den "2. Wiener Wohnrechtstagen" haben maßgebliche Vertreter von SPÖ und Grünen ihre Forderungen nach einer "Totalsanierung" des Mietrechts erneuert. "Leistbare Wohnungen sind für das Funktionieren unserer Gesellschaft unbedingt notwendig", meint etwa der Wiener Grünen-Klubobmann David Ellensohn. "Wenn die Menschen immer mehr für's Wohnen ausgeben müssen, dann bleibt auf der anderen Seite immer weniger übrig für Bildung, Gesundheit und den täglichen Konsum. Das sollte jedem Wirtschaftsexperten eigentlich einleuchten."

"Transparent und durchsetzbar"

"Wir brauchen dringend eine große Mietrechtsreform", assistiert Albert Steinhauser, Grüner Justizsprecher im Parlament. "Noch blockiert die ÖVP mit ihrer Klientelpolitik. Ein neues Mietrecht muss fair, transparent und durchsetzbar sein."

Auch Wiens Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) meldete sich am Donnerstag zu Wort, genauso wie die SPÖ-Bautensprecherin Ruth Becher.
Die Forderungen sind allesamt nicht neu, sie wurden im Wesentlichen vor genau einem Jahr bereits postuliert.

Ellensohn schlägt etwa vor, dass das Mietrechtsgesetz nach 30 Jahren für alle Wohnungen in einem Haus gelten sollte. Derzeit ist diese Materie bekanntlich äußerst heterogen geregelt.

"Zuschläge deckeln, Befristungen einschränken"

Ludwig hat vier Hauptforderungen an die Bundesregierung, darunter die altbekannte nach einer Deckelung der Zu- und Abschläge im Richtwertsystem auf maximal 25 Prozent des Richtwerts, oder jene nach einer Abschaffung des Lagezuschlags. Außerdem fordert er, dass "Mieterinnen und Mieter von Wohnungseigentümerinnen und -eigentümern in gefördert errichteten Wohnhäusern nicht mehr als die kostendeckende Miete zahlen sollen, die auch bei allen zur Anwendung kommt, die direkt vom Bauträger mieten". Gefördert errichtete Wohnungen, die von den Wohnbauträgern zunächst an die bisherigen Mieter verkauft werden, fallen derzeit bei einer späteren Vermietung durch den neuen Eigentümer nämlich nicht mehr unter das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG), sondern nur mehr in den Teilanwendungsbereich des MRG, "und bieten Kündigungsschutz, aber keinen Preisschutz".

Generell seien Hauptmieter von Wohnungseigentümern "Mieter zweiter Klasse", sie könnten Ansprüche, die sich auf allgemeine Teile des Hauses beziehen - etwa Erhaltungsarbeiten am Dach oder an den Außenfenstern -, nach geltender Judikatur nicht durchsetzen. "Mit der vorgeschlagenen Änderung können sämtliche mietrechtlichen Ansprüche, die wohnungseigentumsrechtlich von der Eigentümergemeinschaft zu erfüllen sind, von der Mieterin, dem Mieter - ungeachtet des Zeitpunktes des Vertragsabschlusses - durchgesetzt werden", erklärt der Wiener Wohnbaustadtrat.

"Für Mieterinnen und Mieter sollte das MRG ein Schutzgesetz darstellen, was er derzeit bedauerlicherweise nicht ist", so Ludwig weiter. "Insbesondere der Preis- und Kündigungsschutz stellen wichtige Kernelemente dar. Hier herrscht dringender Reformbedarf." Befristungen sollten beispielsweise nur noch "bei Vorliegen bestimmter Gründe, wie etwa Eigenbedarf" möglich sein.

VII: "Modernisierung für's 21. Jahrhundert"

Letzteres hält der Präsident des Verbandes der Institutionellen Immobilieninvestoren (VII), Wolfgang Louzek, allerdings "bar jeden Realitätssinns". "Unter diesen Prämissen sehen wir keine Modernisierung des Mietrechtsgesetzes, sondern eine Rückkehr in die Vergangenheit", so Louzek weiter, der eine "echte" Modernisierung hin zu einem "Mietrechtsgesetzes für das 21. Jahrhundert" fordert.

Wichtigster Punkt für Louzek ist seit Jahren die Herausnahme der Geschäftsraummieten aus dem MRG - "wie in ganz Europa, um den zwischen zwei Kaufleuten abgeschlossenen Vertrag wieder dem ABGB zuzuführen". (red, derStandard.at, 8.11.2012)