Alle(s) im Kasten!

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Herbststimmung im Wiener Prater - zumindest bei den Eltern.

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Für Kinder sind Spielplätze mehr als eine Ansammlung von Spielgerät. Sie sind Orte des Abenteuers, der kreativen Freiheit, der reinen Freude. Für Eltern heißen Schaukel, Rutsche und Sandkasten im besten Fall, die Kinder eine Zeit lang sich selbst zu überlassen, ein wenig zu lesen oder mit anderen Eltern zu plaudern.

Voraussetzung dafür ist das Gefühl, dass die Kinder am Spielplatz sicher sind, dass von den Spielgeräten keine Gefahr ausgeht und dass der Nachwuchs geschickt genug ist, sich nicht zu verletzen. Das elterliche Bedürfnis nach Sicherheit trifft am Spielplatz also auf den kindlichen Wunsch nach Freiheit und Abenteuer. Wie sicher dürfen Spielplätze sein, damit sie noch Spaß machen?

Die Norm ist eine Empfehlung

In Österreich regelt das Austrian Standards Institute (vormals: Österreichisches Normungsinstitut) die Sicherheitsstandards für Spielplatzbetreiber und Gerätehersteller. Das Institut erstellt die sogenannte ÖNORM auf Basis des Normengesetzes. Diese Vorgaben für Gestaltung, Wartung und Betrieb von Spielplätzen haben zum Ziel, Unfälle zu verhindern. Sie beruhen aber auf Freiwilligkeit. Ihre Einhaltung wird "empfohlen", nicht gesetzlich vorgeschrieben.

Normen entlassen Eltern und Erziehungsberechtigte auch nicht aus ihrer Aufsichtspflicht, sagt Dagmar Schermann vom Austrian Standards Institute. "Der Wunsch nach Schutz der Kinder vor unvorhersehbaren Gefahren darf nicht so verstanden werden, dass durch Einhaltung der ÖNORM das Spiel völlig gefahr- und unfallfrei wird."

Fast 7.000 spitalsreife Kinder

Jedes Jahr verletzen sich laut dem Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) in Österreich rund 6.900 Kinder unter 15 Jahren auf Spielplätzen so schwer, dass sie im Krankenhaus behandelt werden müssen. In wie vielen Fällen mehr elterliche Obacht die Unfälle vermieden hätte, wird nicht erhoben. Sicher ist, dass sich Kinder am Spielplatz am häufigsten durch Stürze aus der Höhe verletzen - etwa wenn sie von Klettergerüsten oder Schaukeln herunterfallen. Diese Stürze machen laut KfV 69 Prozent aller Unfälle aus. "Nur" rund 15 Prozent ereignen sich ebenerdig, etwa wenn das Kind stolpert oder ausrutscht.

Eltern dürfen sich nicht blind darauf verlassen, dass der Spielplatz "eh sicher" sei. Gleichzeitig gilt es, den kindlichen Bewegungsdrang durch übertriebene Ängstlichkeit nicht zu sehr einzuschränken - schließlich lernen Kinder durch das bewegte Spiel, auf ihre körperlichen Fähigkeiten zu vertrauen, Geschicklichkeit und auch Angstbewältigung. Manche Maßnahmen, die vermeintlich mehr Sicherheit bringen, können sogar das Gegenteil bewirken. 

Warnung vor dem Helme

Etwa Fahrradhelme. Die haben am Spielplatz nichts verloren, betont das KfV. Ein Helm kann lebensgefährlich werden, wenn das Kind etwa beim Klettern und Toben an Geräten hängen bleibt und sich stranguliert.

Besser als elterliche Überängstlichkeit oder fragwürdige Maßnahmen ist es, wenn Eltern die körperlichen Fähigkeiten und die Geschicklichkeit der eigenen Kinder richtig einschätzen. In der letzten ÖNORM-Ausgabe für Spielgerät wurde erstmals berücksichtigt, dass nicht das Alter eines Kindes den Ausschlag gibt, ob es ein Gerät benutzen darf, sondern seine individuelle Fähigkeit und Entwicklung. Und die können in der Regel nur die Eltern beurteilen. "Bisher waren bestimmte Geräte nur für Kinder ab drei Jahren zugelassen", sagt Anton Dunzendorfer vom KfV. "Geschicklichkeit, Kraft oder Balance hängen aber von der individuellen Entwicklung eines Kindes ab und können nicht auf das Alter allein festgelegt werden."

Eltern müssen also nicht nur ihrer Aufsichtspflicht nachkommen, sondern auch die Fähigkeiten ihrer Kinder richtig einschätzen lernen. Ungeachtet dessen, dass die Haftung für Spielplatzunfälle rein rechtlich in den Verantwortungsbereich des Betreibers fällt. Denn das ist im Fall des Falles ein sehr schwacher Trost. (Lisa Mayr, derStandard.at, 8.11.2012)