Dharamsala/Peking - Erneut haben sich in China mehrere Tibeter selbst in Brand gesetzt. In den vergangenen 48 Stunden habe es aus Protest gegen die chinesische Herrschaft über Tibet sechs Selbstverbrennungen gegeben, sagte ein Sprecher der tibetischen Exilregierung im indischen Dharamsala am Donnerstag. Die Selbstverbrennungen fielen mit dem Beginn des alle fünf Jahre stattfindenden Parteitags der Kommunistischen Partei Chinas zusammen.

Radio Free Asia hatte zuvor fünf Selbstverbrennungen gemeldet; zwei der Opfer seien ihren Verletzungen erlegen, darunter eine junge Mutter. Eine Sprecherin der Exilregierung nannte die Selbstverbrennungen einen "Appell an die internationale Gemeinschaft, an die chinesische Regierung und an das chinesische Volk, ihren Hilferuf zu hören". Seit Februar 2009 setzten sich mehr als 60 Tibeter aus Protest selbst in Brand, die meisten davon Mönche und Nonnen.

Peking weist Vorwürfe der Tibeter zurück

Die Tibeter werfen der Führung in Peking vor, sie sozial und wirtschaftlich zu benachteiligen und ihre Kultur und Traditionen in ihrer Heimat zu zerstören. Die Regierung in Peking weist die Vorwürfe zurück und verweist auf ihre Bemühungen zur wirtschaftlichen Entwicklung der dünn besiedelten Bergregion.

China hält Tibet seit 1951 besetzt. Das geistliche Oberhaupt der Tibeter, der Dalai Lama, floh 1959 während eines Aufstands nach Indien, wo er seitdem wie zahlreiche andere tibetische Flüchtlinge im Exil lebt.

Die Kommunistische Partei Chinas hatte am Donnerstag ihren 18. Parteitag eröffnet, bei dem ein Führungswechsel eingeleitet werden soll. Der bisherige Vizepräsident Xi Jinping soll die Nachfolge von Präsident Hu Jintao an der Parteispitze übernehmen und ihm im März auch als Präsident nachfolgen. "Wir rechnen damit, dass die tibetischen Proteste während des Parteitages weiter eskalieren werden", sagte die Direktorin der Aktivisten von Free Tibet in London, Stephanie Brigden.

"Chinas neue Führung muss ihre Tibet- und Nationalitäten-Politik grundlegend überdenken", forderte der Asien-Referent der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Ulrich Delius, in Göttingen in einer Mitteilung. "Chinas Tibet-Politik ist gescheitert", sagte Delius. "Ohne ein deutliches Zeichen echter Dialogbereitschaft der chinesischen Machthaber wird die Welle der entsetzlichen Selbstverbrennungen nicht abebben." (APA, 8.11.2012)