Brüssel - Die Aussaat von neuem gentechnisch veränderten Getreide könnte den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln um das 15-fache erhöhen, warnt Greenpeace. Die Umweltschutzorganisation tourte die vergangenen Wochen gemeinsam mit Wissenschaftern und US-Bauern durch Europa und appellierte an die Europäische Kommission, neuen Gentechnik-Getreidesorten nicht die Zulassung zu erteilen.

Untersuchungen des Agrarwissenschafters Charles Benbrook zeigten, dass die Einführung von herbizidtolerantem, gentechnisch verändertem Getreide dazu führen würde, dass der Einsatz von Pestiziden, die Saatpreise und der Einfluss von Großunternehmen substanziell ansteigt. "Diese Studie sollte ein Warnruf sein", stellte Marco Contiero, Chef des Agrarbereiches bei Greenpeace EU, fest.

Der Hintergrund

Die EU-Kommission zieht in Erwägung, 26 neue gentechnisch veränderte Getreidearten zuzulassen. 19 davon seien aber herbizidtolerant, so Contiero. Viele dieser Getreidearten werden bereits in Nord- und Südamerika angepflanzt - mit "verheerenden" Auswirkungen auf die Umwelt. "Europa hat die Chance, von den Fehlern, die in meinem Land gemacht wurden, zu lernen", erklärte der Landwirt Wendel Lutz aus Illinois.

Der Einsatz von gentechnisch veränderter Saat sei auf den ersten Blick sehr attraktiv, man zahle dafür aber einen hohen Preis, so der Farmer Wes Shoemyer über seine Erfahrungen. Die Bauern geben ihre Rechte auf, meinte Shoemyer. Die öffentliche Forschung sei in den vergangenen Jahren stehen geblieben, übernommen wurde sie von privaten Firmen, die ihre Monopolstellung ausnutzen. Eine Rückkehr zu konventionellem Anbau sei "möglich, aber sehr schwierig", zeigten sich beide überzeugt.

Wann genau die EU-Kommission über die Zulassung der neuen Getreidearten entscheide wird, könne noch nicht gesagt werden. Auch werde interessant, wie sich der neue Gesundheitskommissar positionieren werde, so Contiero. "Heute bringen wir die Stimmen der US-Farmer und der besorgten Europäer nach Brüssel", so Lasse Bruun, Greenpeace-Kampagnenorganisator für nachhaltige Landwirtschaft. Die Europäische Kommission müsse sich entscheiden, ob sie Landwirte und Konsumenten schützt oder vor der Agrarchemieindustrie in die Knie gehe, meinte Bruun. (APA/red, derStandard.at, 10. 11. 2012)