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Evangelos Venizelos

Foto: APA/EPA/Pantzartzi

Der Pasok geht's nicht gut. Ein älterer Herr redet sich jetzt in Rage, Apostolos Kaklamanis heißt er, brüllt die leeren Ledersitze im Parlament an, fuchtelt mit dem Arm in Richtung der anderen Fraktionen. Manolis Glezos, auch nicht mehr so jung, aber dafür Ikone des Widerstands gegen die deutsche Besatzung von1941, sitzt dem Fuchtelarm noch am nächsten und betrachtet seinen Kollegen von der Pasok reglos wie einen japanischen Zierfisch. Es ist der Abend vor der großen Abstimmung im Parlament in Athen. Nur ein kleines Häuflein Abgeordnete ist noch im Plenum. Zu debattieren gibt es in Wahrheit nichts mehr. Die Regierungsmehrheit muss auch dem nächsten Sparpaket zustimmen, sonst gibt es kein Geld von den lieben europäischen Freunden. Und die Opposition muss wieder nein sagen und weiß die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich. Wie aber die Panhellenische Sozialistische Bewegung aus dieser Woche der Abstimmungen hervorgeht, ist nicht so klar auszumachen. Der politische Sinnverlust, den die langjährige, Griechenland prägende Regierungspartei erlebt, geht nun rasend schnell voran. Da kann Apostolos Kaklamanis brüllen, wie er will.

Zweimal hintereinander ist die Partei bei den Wahlen im Frühjahr abgestraft worden. Von knapp 45 Prozent der Stimmen fiel sie auf 13,2 im Juni. Umfragen geben ihr jetzt noch sieben Prozent. Für die Griechen sei sie die am stärksten diskreditierte Partei, sagt Gerassimos Moschonas, ein Athener Politikwissenschaftler, der sich mit der Linken im Land beschäftigt. Warum trifft die Abneigung der Griechen die Pasok noch stärker als die konservative Nea Dimokratia, die genauso am "failed state" Griechenland mitgearbeitet hatte? Die Pasok hatte die erste Phase der akuten Finanzkrise im Jahr 2010 zu managen, sagt Moschonas - und sie tat das "ineffizient und inadequat", meint der Politologe. Völlig überfordert, nicht wirklich bereit, Spargesetze auch umzusetzen, und Zeit und Vertrauen verspielend.

Jetzt ist die Partei, nach der Junta 1974 von Andreas Papandreou gegründet, in Auflösung. Nach und nach haben wichtige Pasok-Politiker in den vergangenen Tagen und Wochen mit ihrer Partei gebrochen. Michalis Kassis hat letzte Woche wegen des Sparpakets den Hut drauf gehauen, nach einer chaotischen, die Führungsschwäche des Parteivorsitzenden Evangelos Venizelos demonstrierenden Abstimmung im Parlament. Die Fraktion verlor damit einen Abgeordneten und zählt nur noch 32 Köpfe. Die frühere Gesundheitsministerin Mariliza Xenogiannakopoulo nutzte die Gelegenheit und schrieb Venizelos einen Abschiedsbrief als Parteimitglied. Yiannis Ragousis, ein anderer Minister der letzten Papandreou-Regierung von 2010/2011, trat Ende Oktober aus, als sich Venizelos in der Affäre um die Lagarde-Liste verhedderte, die Liste griechischer Kontenbesitzer bei der HSCB-Bank in Genf, die er ein Jahr lang in der Schublade seiner Sekretärin gelassen hatte

Es sind allesamt Pasok-Politiker um die 50 oder jünger, die das Rückgrat der Partei bildeten und nun gingen. In vier Monaten koalitionsinternen Verhandlungen über das Sparpaket hat Venizelos keine sinnvolle Rolle gefunden - weder in den Augen der Wähler und Sparopfer noch wohl für den Regierungschef Antonis Samaras. Moschonnas hält nun eine Spaltung der Pasok für denkbar, wobei sich der Reformflügel um die ehemaligen Minister Andreas Loverdos und Anna Diamantopoulo organisieren würde und Venizelos möglicherweise die alte Rumpf-Pasok führt. Eine neue Mittelinkspartei könnte auch die kleine Demokratische Linke (Dimar) von Fotis Kouvelis aufnehmen. Alles hängt aber von der Positionierung von Syriza ab, der Koalition der Radikalen Linken und der jetzt größten Oppositionspartei. Schiebt Syriza-Chef Alexis Tsipras sein Parteien-Konglomerat weiter zur Mitte, ist für Pasok alt und Pasok neu kein Platz. Den Weiterbestand der jetzigen griechischen Regierung macht die Implosion der Pasok fraglich. Die Abstimmungen über Sparpaket und Budget mag die Partei diese Woche noch hinbekommen. Danach aber scheint alles offen.