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Für die steueraversen Amerikaner ist es ein Albtraumszenario: Ohne Gegenmaßnahmen treten in den USA mit 2. Jänner 2013 Steuererhöhungen und Einsparungen in Höhe von 600 Milliarden Dollar (468 Milliarden Euro) in Kraft. Damit droht laut dem Congressional Budget Office (CBO), das den Kongress in Budgetfragen berät, der größte Einschnitt im US-Haushalt binnen eines Jahres seit 1969.

Dabei sind die Kürzungen, die als "fiscal cliff" oder "Taxmageddon" bezeichnet werden, das Resultat mangelnder politischer Einigkeit und weder von Demokraten noch Republikanern gewollt. Allerdings geht es um die Verlängerung und die Reform derart vieler entscheidender Gesetze, dass die beiden Parteien bisher keine Einigung erzielen konnten. Die dringlichste Aufgabe des neuen Präsident und des neuen Kongresses ist daher ein erneuter Anlauf, um die drohenden Einschnitte doch noch abwenden zu können.

Konkret steht die "fiscal cliff" zunächst für eine Reihe auslaufender Steuererleichterungen. Den größten Brocken machen die vom früheren US-Päsident George W. Bush 2001 durchgeführten Steuersenkungen aus, von denen vor allem Besserverdiener und Familien profitierten. Dazu laufen im Dezember zentrale Punkte der Arbeitsmarktoffensive Barack Obamas aus, darunter die zweiprozentige Senkung der Pensionsversicherungsbeiträge für 160 Millionen Arbeitnehmer.

Regierungsausgaben werden gekürzt

Erschwerend kommt hinzu, dass mit dem Beginn des nächsten Jahres ein Sparpaket in Kraft treten soll: 2011 einigten sich Demokraten und Republikaner im letzten Moment auf die Anhebung der Schuldenobergrenze. Der Kongress beauftragte damals ein Zwei-Parteien-Komitee damit, einen längerfristigen Sparplan auszuarbeiten. Sollte das Komitee scheitern, würden automatische Kürzungen in Kraft treten. Die Einigung gelang nicht, womit die Regierungsausgaben nach heutigem Stand im kommenden Jahr um 105 Milliarden Dollar gekürzt werden.

Sollten die Einsparungen nicht abgewendet werden, sieht das CBO die USA in eine Rezession fallen: Anstatt eines Wirtschaftswachstums von 1,7 Prozent, würde das Bruttoinlandsprodukt 2013 um 0,5 Prozent schrumpfen. Die Arbeitslosigkeit würde wieder über neun Prozent steigen. Der Einbruch wäre laut CBO vor allem eine Folge des Kaufkraftverlusts: Nach Schätzungen würden die Steuererhöhungen jeden Haushalt mit durchschnittlich 3500 Dollar zusätzlich belasten.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnt zudem vor den Auswirkungen für die Weltwirtschaft. Laut IWF würde als Folge des Konsumeinbruchs in den USA das Wachstum in Mexiko und Kanada am stärksten zurückgehen. Auch die Eurozone bekäme die Turbulenzen zu spüren. Die Vereinigten Staaten sind hinter Großbritannien der zweitwichtigste Exportmarkt für Produkte aus dem Euroraum. Der IWF schätzt, dass Österreich und Deutschland als Exportländer am stärksten betroffen wären, wenn die USA über die Fiskalklippe springen. So würde Österreichs Wachstum im Vergleich zu den Prognosen um bis zu 0,25 Prozentpunkte einbrechen. Derzeit geht der Fonds von einem BIP-plus von 1,1 Prozent für Österreich im kommenden Jahr aus.

Im übrigen hat Ben Bernanke bereits gewarnt, dass selbst seine mächtige Notenbank keinerlei Instrumente in der Hand hält, um die Auswirkungen des "fiscal cliff" zumildern. Diesmal steht die US-Politik also allein da. (András Szigetvari/DER STANDARD Printausgabe, 7.11.2012)