Breiter als die Umgangssprache definiert das Wettbewerbsrecht Kartelle, nämlich Vereinbarungen und Abstimmungen von Verhaltensweisen zwischen Unternehmen, die unabhängiges Marktverhalten einschränken; schriftlich oder mündlich, ausdrücklich oder stillschweigend, zwischen verschiedenen oder innerhalb gleicher Marken. Es müssen keine Vereinbarungen unter Gleichen sein; wenn starke Unternehmen schwächeren bestimmtes Agieren am Markt aufzwingen, entsteht ebenso ein Kartell. Alle Beteiligten sind strafbar. Die Schwächeren könnten sich mit Anzeigen bei Wettbewerbsbehörden wehren.

Wenn Unternehmen Händlern fixe oder Mindestverkaufspreise auferlegen, dann ist das ein Kartell. Unverbindliche Preisempfehlungen sind erlaubt, aber nicht, wenn sie mit Liefersperren oder verminderten Rabatten durchgesetzt werden. Vermutlich sind solche Verhaltensweisen verbreitet und von vielen Händlern erwünscht. Sie schützen Mindestspannen, aber sie schädigen Konsumenten.

Im Juli und August 2012 verhängte das Kartellgericht wegen solcher " Preisbindungen zweiter Hand" erstmals Geldstrafen: 235.000 Euro für einen Dämmstoffhersteller, 100.000 Euro für einen Baumarkt, der Endverkaufspreise abstimmte. Niedrig blieben die Strafen nur, weil der Baumarkt Kronzeuge war und der Produzent umfassend mit der Bundeswettbewerbsbehörde kooperierte. Die maximale Strafdrohung ist zehn Prozent des Jahresumsatzes, konzern- und weltweit. Das deutsche Bundeskartellamt bestrafte im August 2012 einen Hersteller von Elektrowerkzeugen mit 8,2 Mio. Euro. Er hatte seine "unverbindlichen" Preisempfehlungen durch mündliche Drohungen mit schlechteren Konditionen durchgesetzt. Mit verstärkter Verfolgung und steigenden Strafen ist zu rechnen.

Nicht jede "vertikale Vereinbarung" ist untersagt, weil sie, wie Gebietsvertretungen, helfen können, Vertriebssysteme aufzubauen. Die Auferlegung von Mindestverkaufspreisen ist aber tabu, Höchstverkaufspreise nicht. Letztlich geht es im Wettbewerbsrecht um den Schutz von Konsumenten. (Aurelius Freytag, DER STANDARD, 7.11.2012)