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Als Katastrophenschutzminister (hier bei der Eröffnung des Nordwest-Hauptquartiers in St. Petersburg Ende Dezember 2006) wurde Sergej Schoigu in Russland populär.

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Im Mai nahm Anatoli Serdjukow (li.) mit Putin noch die traditionelle Siegesparade ab.

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Russlands Präsident Wladimir Putin hat Verteidigungsminister Anatoli Serdjukow nach Berichten über einen Immobilienskandal durch den bisherigen Moskauer Gebietsgouverneur Sergej Schoigu ersetzt. Der Wechsel gilt als Stärkung der "Falken".

Moskau - Wenn die zweitgrößte Atommacht der Erde in einer geopolitisch sensiblen Phase wie den US-Präsidentschaftswahlen die Führung ihres Verteidigungsministeriums auswechselt, muss dies sehr triftige Gründe haben. Schon seit längerem werfen einflussreiche russische Armeeoffiziere Minister Anatoli Serdjukow (50), dem früheren Chef der Steuerbehörde, vor, als Zivilist keine Ahnung vom Militär einer Weltmacht zu haben. Nun haben Betrugsvorwürfe gegen ein Tochterunternehmen des Verteidigungsressorts Präsident Wladimir Putin offenbar einen nicht unwillkommenen Anlass geliefert, Serdjukow loszuwerden.

Mit der "persönlichen Entscheidung Putins" werde der Weg freigemacht für eine Untersuchung von Betrugsvorwürfen gegen ein Tochterunternehmen des Verteidigungsministeriums, sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow am Dienstag. Die Firma Oboronservice soll unter anderem mit Immobiliendeals fast 80 Millionen Euro zur Seite geschafft haben. Der Sprecher der Ermittlungsbehörde, Wladimir Markin, schloss nicht aus, Serdjukow vorzuladen.

Russlands Streitkräfte befinden sich in der größten Reform ihrer Geschichte. Serdjukows Pläne stoßen aber auf Widerstand in der Truppe. So soll die Armee von einst 2,8 Millionen auf etwa eine Million Soldaten reduziert werden, und eine kürzere Befehlskette sowie eine moderne Ausrüstung sollen das größte Land der Erde bereit machen für die Konflikte im 21. Jahrhundert.

Nato-Waffen gekauft

Experten sind aber skeptisch, dass sich dies wie geplant bis 2020 erreichen lässt: Russlands Armee gilt als chronisch uneffektiv und unterfinanziert. Besonders kritisiert wird auch, dass das auf seine Waffen so stolze Russland unter Serdjukow erstmals seit 1940 wieder Militärtechnik im Ausland erwarb. So kaufte Moskau vom Nato-Mitglied Frankreich Hubschrauberträger, aus Deutschland kam Metall für Panzer.

Für Serdjukows Absetzung nennt der Kreml noch einen weiteren Grund: Unter seiner Führung habe es das Verteidigungsministerium verabsäumt, Militärangehörige ausreichend mit Wohnungen zu versorgen.

Serdjukow hatte bereits einmal, 2007, seinen Rücktritt eingereicht. Als Begründung sagte er, dass der damals neu ernannte Regierungschef Wiktor Subkow sein Schwiegervater sei und er nicht den Eindruck von Günstlingswirtschaft erwecken wolle. Der Rücktritt wurde abgelehnt - vom damaligen Präsidenten Putin.

Der neue Verteidigungsminister und frühere Katastrophenschutzminister Sergej Schoigu (57) wurde erst im April auf Vorschlag Putins zum Gouverneur des Moskauer Gebietes ernannt. Medien haben ihn wiederholt als "Putins Allzweckwaffe" bezeichnet. (red/DER STANDARD, 7.11.2012)