Die ägyptischen Christen haben mit Tawadros II. einen neuen Patriarchen. Der neue koptische Papst muss große Schuhe füllen. Sein Vorgänger Papst Shenouda III. war eine äußerst charismatische Figur und über 40 Jahre im Amt. Der Großteil der Ägypter kennt keinen anderen Namen. Shenouda war das Gesicht der koptischen Kirche schlechthin.

Entsprechend hoch sind die Erwartungen an den Neuen, den 118. Patriarchen der koptischen Kirche von Ägypten und Afrika. Genau an seinem Geburtstag hat ein kleiner Knabe nach einer feierlichen Messe den Zettel mit dem Namen von Tawadros, dem bisherigen Bischof von Beheira im Nildelta, gezogen.

Tawadros wurde 1952 als Wagih Sobhy Bakky Suleiman in Mansoura geboren. In Alexandria studierte er Pharmazie und setzte später seine Ausbildung in England fort. 1981 begann er im Seminar seine theologischen Studien, und 1988 trat er in ein Kloster ein, wo er zwei Jahre später zum Priester geweiht wurde. 1997 erhielt er von Papst Shenouda die Bischofsinsignien. Tawadros war einer der engsten Mitarbeiter seines Vorgängers und Lehrmeisters, kennt also die Dossiers und die Probleme der Christen bestens.

In den vergangenen Jahren hat er sich intensiv der Jugendarbeit gewidmet, weshalb seine Wahl vor allem von jungen Kopten begrüßt wurde. In seiner Gemeindearbeit hat er viel Wert auf gute Kontakte zwischen Christen und Muslimen gelegt.

Im Vorfeld der Wahl hatte Tawadros erklärt, die Rolle der Kirche solle vor allem pastoral und im Dienste der Gläubigen, nicht politisch sein. Christen sollen seiner Ansicht nach außerhalb der Kirche Politik machen. Die Kirche selbst solle nur im Extremfall intervenieren. Er wurde deshalb auch vom koptischen Laienrat unterstützt, der ihn für seine Weisheit, seine Standhaftigkeit und seine Fähigkeit pries, gute Beziehungen zu allen in seiner Provinz, Christen und Muslime gleichermaßen, zu pflegen.

Außerhalb der christlichen Gemeinschaft ist das neue Kopten-Oberhaupt noch wenig bekannt. Er gehörte nicht zu den Bischöfen, die regelmäßig im ägyptischen Fernsehen auftauchten. Die Heilige Synode hatte bewusst auf unverbrauchte Leute gesetzt. Damit soll der neue Papst die Chance haben, in dieser Umbruchphase in der Region die Rolle der Kirche neu zu definieren. Als Mann des Ausgleichs bringt er dazu gute Voraussetzungen mit. (Astrid Frefel, DER STANDARD, 5.11.2012)