Frankfurt/Brüssel - Nach fünf Monaten sollte ab Montag die seit fünf Monaten bestehende Vakanz an der Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB) zu Ende gehen: Luxemburgs Notenbankchef Yves Mersch wird als sechstes Mitglied ins Direktorium unter der Führung von Präsident Mario Draghi einziehen und am 15. November starten.

Die Entscheidung fiel formell durch einen Beschluss der Regierungen der 17 Mitgliedsländer der Eurozone im schriftlichen Umlaufverfahren. Bis Sonntag hätten sie Zeit gehabt, Mersch in letzter Minute zu blockieren - was in der EZB praktisch ausgeschlossen wurde.

Der Luxemburger war von denselben Regierungschefs im Juni vorgeschlagen worden, er hat alle für seine Bestellung erforderlichen Kriterien - inklusive einer Anhörung im EU-Parlament - erfüllt. Umstritten bleibt die Mersch-Kür aber weiterhin. Denn das Parlament hat vor zwei Wochen knapp gegen den Luxemburger gestimmt, wollte eine Frau als Kandidatin für das Direktorium. Allerdings haben die Parlamentarier in der Frage kein Recht auf Mitentscheidung. Die Regierungen haben die Kritik daran, dass nun nur Männer in der EZB-Spitze vertreten sind, zur Kenntnis genommen, die Forderung nach einem Mersch-Ersatz ignoriert.

Merschs Vorgänger, der Spanier José Manuel González-Páramo, war Ende Mai nach Auslaufen der maximalen Amtszeit von acht Jahren ausgeschieden. In der deutschen Regierung ist man erleichtert, dass an der EZB-Spitze nun wieder drei Vertreter aus Hartwährungsländern sitzen. (Thomas Mayer, DER STANDARD, 5.11.2012)