Heather Kelly zeigte, was alles im Begriff "Spiel" stecken kann.

Foto: tedxvienna.at

Ed Neumeister führte das Publikum in "die Zone".

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Das TEDx-Team erhielt seinen wohlverdienten Applaus.

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In der dritte und letzten TED-Session vergangenes Wochenende in Wien erweiterte - neben Dorian Credé mit Wikirating - auch noch Gamedesignerin Heather Kelley (die nach eigener Angabe gerne "Gears of War" spielt), laut FastCompany eine der "einflussreichsten Frauen im Tech-Business" den Horizont der Zuseher, was alles zum Spiel gemacht werden kann.

Einfach spielen

In verschiedenen, experimentellen Projekten wurde ein ganzes Gebäude zu einem fühlenden Protagonisten, der von Besuchern in Form von Minigames kontaktiert und erkundet werden konnte. Andernorts wurden Teilnehmer zum Bestandteil einer Operette, deren musikalische Untermalung durch die Benutzung von Bühnenrequisiten dirigiert wurde. Am Ende war klar, dass die Definition eines Spieles viel weiter gehen kann, als Sport, Monopoly und Unterhaltungssoftware es vermuten lassen.

"File Error" statt Antwort

Technologie-Unternehmer Niall Murphy nahm sich des wichtigen Themas "Web of Things" und all seiner Implikationen an. Als Zehnjähriger war er enttäuscht, als sein allererster Computer nach dem Start auf eine eingetippte Frage nur einen nutzlosen "File Error" zu Protokoll gab, während die Gleichaltrigen der Zukunft wohl Antworten von allen erdenklichen Gegenständen erhalten könnten.

Vom Ur-Facebook bis zur TV-Erkenntnis

Er umriss, wie sich Höhlenmalereien als "Facebook der Steinzeit" zu den heutigen Social Networks entwickelten und wie Onlineprofile immer mehr zu bedeutenden Avataren werden. Er sagt voraus, dass auch Gegenstände, ohne in sie direkt Internettechnologie zu implementieren, künftig auch über eine Onlineidentität haben werden.

Und das, obwohl wir heute noch überlegen, wie wir die uns zur Verfügung stehenden Plattformen richtig nutzen. Ähnlich wie es beim Fernsehen war, wo die ersten Nachrichtensendungen praktisch aus dem Abfilmen von Radiosprechern mit Mikrofon und Stichwortzetteln bestand, bis man langsam dahinterkam, dass man es mit einem visuellen Medium zu tun hatte.

Eine Frage der Kontrolle

Der immer schnellere Wandel, die immer größere werdende Zahl an in Echtzeit funktionierender Verbindungen und die damit verbundene, neue Größenordnung an Interaktionen fordern uns bereits heraus. Das "Web der Dinge" wird Erfindungen wie Google Maps, wo zwar Straßen, aber keine Bäume und Parkbänke erfasst werden, um ein Vielfaches nützlicher machen.

Die Vernetzung von Alltagsgegenständen, die immer genauere Abbildung der physischen in der digitalen Sphäre wird eine Lawine an Fragen über uns Hereinbrechen lassen. Fragen, die heikle Themen wie Privatsphäre, Sicherheit und Kontrolle betreffen und die sich heute schon im Kleinen stellen. Wer ein Navigationsgerät nutzt, lässt sich von einem Satellitensystem verfolgen, um selber ans Ziel zu finden.

Weil der Durchschnittsfahrer derlei Kommunikationsmittel nicht manuell steuern kann, muss er Kontrolle abgeben. "Es ist eine große Herausforderung an System- und Interfacedesigner, unser Bedürfnis nach Vertrauen zu erfüllen", meint Murphy dazu. Bedienbarkeit und Kontrolle müssen unter einen Hut gebracht werden.

"Ich bin ein Kissen. Und ich habe dir etwas zu erzählen."

"Ich frage mich oft, wie mein Sohn Aaron per Computer mit der Welt interagiert", so der Tech-Experte. Wie viele Andere nutzt er sein Smartphone, um Dinge mit seinen Freunden zu teilen. Die Zukunft, deren vorausgeworfener Schatten gleichsam furchterregend und faszinierend ist, hält noch viel mehr bereit "Er wird einmal ganz normal mit Gegenständen sprechen, die ihm mehr erzählen können als 'Ich bin ein Kissen'", sagt Murphy. "Sondern 'Ich bin ein Kissen. Ich sehe die Welt. Und ich habe dir etwas zu erzählen'."

Ausflug in "die Zone"

Zum Abschluss des diesjährigen TEDx-Events wartete der Jazz-Musiker Ed Neumeister mit einem impliziten Statement gegen Multitasking auf. Es ist der Akt der gebündelten Konzentration, in der man nicht mehr nachdenkt, sondern einfach tut, in dem man am effektivsten handelt und arbeitet. "Die Zone" nennt Neumeister das und erklärte sie höchst analog anhand seiner Posaune.

Er erläuterte, wie ein gutes Orchester in einer gemeinsamen Blase aus Konzentration das Publikum begeistert. Und ließ den Talk-Teil der Veranstaltung mit der Anwendung der eben erworbenen Kenntnisse ausklingen, und funktionierte die Zuseher im Odeon-Theater kurzerhand zu einem Chor um.

Vierte Auflage für 2013 geplant

Am Schluss holte sich das TEDx-Team den verdienten Applaus für die gelungene Abwicklung der Veranstalung ab. Als einziger Makel bleibt lediglich das Verschwinden des Catering-Verantwortlichen, was zu Mittag temporär zu einigen knurrenden Bäuchen führte. Der guten Stimmung vermochte dies aber keinen Abbruch zu tun. Auch 2013 soll es wieder einen TED-Event in Wien geben. Laut Organisator Vlad Gozman wird Österreichs Hauptstadt immer mehr zu einem "internationalen Hub, der sich wieder jung anfühlt." (Georg Pichler, derStandard.at, 11.11.2012)