Ein Mahaliweber-Pärchen: Oben das Männchen, unten das Weibchen.

Foto: Dr. Cornelia Voigt

Seewiesen - Der Hormonspiegel spielt eine entscheidende Rolle für den Vogelgesang: Dies konnten deutsche Forscher nun mit einem Experiment belegen, wie das Max-Planck-Institut für Ornithologie berichtet. Durch die Verabreichung von Testosteron begannen weibliche Vögel männlichen Solo-Gesang anzustimmen.

Ausgangslage der Studie waren die besonderen Verhältnisse der gemäßigten Klimazone, in der wir leben. Bei hiesigen Singvögeln steuert die saisonale Änderung der Tageslänge die Jahresrhythmik. Die zunehmende Tageslänge im Frühling löst einen Anstieg der Konzentration der Geschlechtshormone aus und läutet damit den Brutbeginn ein. Damit verbunden ändert sich auch das Verhalten: Bei Singvogel-Männchen findet sich dann ein Zusammenhang zwischen der Häufigkeit und Komplexität ihrer Gesänge und der Testosteronkonzentration im Blut.

Etwas schwieriger ist die Lage in den Tropen zu beurteilen. Dort singen die Vögel oft das ganze Jahr über, und günstige Brutbedingungen finden sich über einen viel längeren Zeitraum im Vergleich zur gemäßigten Zone. Darüber hinaus sind die Testosteronwerte während des gesamten Jahres bei vielen Arten auf einem sehr niedrigen Niveau. Deshalb ist es noch unklar, durch welche Mechanismen das Gesangsverhalten bei tropischen Vogelarten gesteuert wird.

Die Studie

Cornelia Voigt und Stefan Leitner vom Max-Planck-Institut für Ornithologie konnten nun zeigen, dass Testosteron auch in den tropischen Habitaten eine entscheidende Rolle bei der Regulation des Gesangsverhaltens spielt. Sie untersuchten Mahaliweber (Plocepasser mahali), eine Sperlingsart, die in Afrika vorkommt. Diese Vögel leben in Gruppen von zwei bis zehn Tieren und zeichnen sich durch ein status-abhängiges Gesangsverhalten aus, bei dem nur die dominanten Männchen einen sogenannten Solo-Gesang singen. Weibchen und subdominante Männchen singen lediglich einen abwechselnden Duett-Gesang.

Aus der im Südwesten von Simbabwe durchgeführten Langzeitstudie ergab sich ein Zusammenhang zwischen Hormongehalt und Solo-Gesang. So hatten dominante Männchen sowohl während der frühen Brutzeit von Oktober bis Dezember als auch während der späten Brutzeit von Januar bis März höhere Testosteronspiegel als subdominante Tiere. Allerdings waren die Hormonkonzentrationen weitaus geringer als jene, die für Gesangsänderungen bei Arten der gemäßigten Zone verantwortlich sind. Es könnte also sein, dass die leicht höheren Werte der dominanten Männchen einfach nur den Status an sich wiederspiegeln und nicht für die Aktivierung des Gesanges verantwortlich sind. 

Das Experiment

Eine eindeutige Wirkung von Testosteron konnten die Forscher hingegen durch ein Experiment an Weibchen belegen: Die in Volieren nahe ihrem natürlichen Lebensraum gehaltenen Tiere erhielten ein Testosteron-Implantat und fingen bereits nach einer Woche an, den männlichen Solo-Gesang zu singen. Dieser war nach einem Monat voll ausgeprägt und unterschied sich nur geringfügig von dem der Männchen. "Mit diesen Untersuchungen konnten wir zeigen, dass ein spezieller Gesangstyp, der Solo-Gesang, geschlechterübergreifend durch Testosteron aktiviert werden kann", schließt Voigt. (red, derStandard.at, 3. 11. 2012)