Potsdam-Rehbrücke - Eine eiweißreiche Ernährung kann dabei helfen, Übergewicht vorzubeugen oder es zu verringern - darauf deuten zumindest zahlreiche Studienergebnisse hin. Warum das so ist und was dabei im Stoffwechsel vor sich geht, hat nun ein Wissenschafterteam des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) genauer unter die Lupe genommen. Das Team um Susanne Klaus konnte am Mausmodell zeigen, dass eine hohe Aufnahme von Eiweiß oder Eiweißbausteinen zu einer erhöhten Wasseraufnahme führt. Diese ist mit einer geringeren Nahrungsaufnahme verbunden und trägt so dazu bei, Übergewicht vorzubeugen. Darüber hinaus wirkt eine eiweißreiche Kost der Fettneubildung in der Leber entgegen.

Die Anzahl der Menschen mit Übergewicht nimmt weltweit zu und damit verbunden auch die Anzahl der Personen, die unter den negativen Folgen des Übergewichts leiden. Daher arbeiten Wissenschafter und Mediziner daran, effektive Behandlungsmethoden und Ernährungsstrategien zu entwickeln, die dazu beitragen, diesen negativen Trend zu stoppen. Einige Forscherer setzen dabei auf eine eiweißreiche Kost. In der Tat weisen zahlreiche Untersuchungen darauf hin, dass eine Erhöhung des Eiweißanteils in der Nahrung oder eine erhöhte Aufnahme bestimmter Eiweißbausteine besonders bei der heute üblichen, fettreichen Ernährung helfen können, Übergewicht und einer Leberverfettung vorzubeugen. Welche Mechanismen diesen Effekten zugrunde liegen, ist jedoch noch weitgehend unerforscht.

Das Team um Susanne Klaus, Leiterin der DIfE-Arbeitsgruppe "Physiologie des Energiestoffwechsels", untersuchte daher die Wirkung von vier fettreichen Futtermischungen auf den Körperfettgehalt und den Fettstoffwechsel von Mäusen. Die Futtermischungen waren entweder mit Eiweiß aus Molke, mit dem Eiweißbaustein Leucin oder mit dem Eiweißbaustein Alanin angereichert. Als Kontrolle verwendeten die Forscher ein fettreiches Futter mit einem normalen Eiweißanteil.

Während des gesamten Versuchszeitraums von sieben Tagen registrierten die Forscher die Wasser- und Nahrungsaufnahme der Tiere. Zudem bestimmten sie die Änderungen des Körperfettgehaltes mittels Kernresonanzspektroskopie (NMR) und maßen Veränderungen im Fettstoffwechsel.

Niedrigere Cholesterin- und Leberfettwerte

Die Tiere, die das eiweißreiche Futter erhielten, tranken mehr, fraßen weniger und nahmen im Vergleich zu den Tieren, die ein Futter mit normalem Eiweißgehalt bekamen, trotz der sehr fettreichen Ernährung nicht zu. Ebenso wiesen sie deutlich niedrigere Cholesterin- und Leberfettwerte auf. Zudem war die Fettneubildung in der Leber gebremst. Bei den Tieren, die mit dem Eiweißbaustein Leucin bzw. Alanin angereichertes Futter erhielten, waren diese günstigen Effekte nicht so stark ausgeprägt. Bei allen Tieren bestand jedoch ein enger Zusammenhang zwischen der Körperfettzunahme, den Leberfettwerten (Triglycerid-Werten) und der Gesamtenergieaufnahme.

"Bereits fünf Stunden nach der Umstellung auf das eiweißreiche Futter tranken die Tiere umso mehr und fraßen umso weniger, je mehr Aminostickstoff sie über die Eiweiße bzw. Eiweißbausteine im Futter aufnahmen", erklärt Klaus-Jürgen Petzke, Co-Autor der Studie. Die Forscher vermuten daher, dass die erhöhte Wasseraufnahme ursächlich für die sättigende Wirkung des eiweißreichen Futters ist und durch die hohe Stickstoffaufnahme ausgelöst wird. Denn der Stickstoff muss mit dem Urin ausgeschieden werden, um eine Vergiftung des Körpers mit Ammoniak zu vermeiden.

Kein Hinweis auf höheren Energiebedarf

Ferner beobachteten die Wissenschafter, dass sich die beiden Eiweißbausteine Leucin und Alanin nicht in ihrer Wirkung unterschieden. Dieses spricht nach Angaben der Forscher dafür, dass die sättigende Wirkung einer eiweißreichen Kost nicht auf eine bestimmte Art Eiweißbaustein zurückzuführen ist, sondern generell auf die erhöhte Stickstoffzufuhr. Hinweise auf einen eiweißbedingten höheren Energiebedarf des Stoffwechsels fanden die Wissenschafter nicht.

"Unsere Ergebnisse tragen dazu bei, die Wirkung von Eiweißen und Eiweißbausteinen auf den lebenden Organismus besser zu verstehen. Eine wichtige Voraussetzung, um neue Methoden zu entwickeln, die Übergewicht und ernährungsbedingten Stoffwechselerkrankungen vorbeugen", sagt Studienleiterin Susanne Klaus. Weitere Langzeitstudien seien aber nötig, um die Ergebnisse zu ergänzen und zu bestätigen. (red, derstandard.at, 30.10.2012)