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Kochen können sie, die Griechen. Manch Wirt hegt freilich Zweifel, ob auch Schnitzel, Schweinsbraten und Nockerln.

Foto: APA/EPA/Orestis Panagiotou

Wien - Helmut Peter macht sich dieser Tage vom Wolfgangsee auf nach Griechenland. Dem Hotelier fehlen Lehrlinge, fünf an der Zahl, die sich trotz des klingenden Namens seines Traditionsbetriebs in Österreich nicht finden lassen. Im unter starker Jugendarbeitslosigkeit leidenden Griechenland hofft der Eigentümer des Weißen Rössls auf mehr angehende Köche zu stoßen. "Mindestens 18 Jahre alt sollten sie sein und Deutsch können. Wir schauen einmal, ob wir Erfolg haben." Als Anreiz für sie dienten auch dreimonatige Spachkurse - die EU fördere diese inklusive der Anreise mit 1300 Euro, erzählt der Chef des Romantikhotels.

Mit ihm gen Süden brechen Experten des Arbeitsmarktservice (AMS) auf. Geht das Rezept der kleinen gastronomischen Delegation auf, wollen demnächst auch andere Wirte gemeinsam mit der Wirtschaftskammer Fachkräfte in Ländern wie Griechenland, Portugal und Spanien akquirieren.

Österreich gehen die Köche und Restaurantfachleute aus. Jugendliche lassen sich immer seltener für die Küchenjobs gewinnen. Die Möglichkeit, Mitarbeiter aus Drittstaaten zu holen, ist für die Branche mit der neuen Fachkräfteverordnung versiegt. Und mit der niedrigeren Arbeitslosigkeit im eigenen Land leert sich auch der einst reiche Pool an deutschen Kräften.

Zugleich wächst der Tourismus - die Branche schafft heuer nach Zahlen der Wirtschaftskammer monatlich gut 6000 weitere Arbeitsplätze. In Wien eröffnen trotz des zusehends harten konjunkterellen Umfelds laufend neue Hotels und Gastronomiebetriebe.

Allein in der Bundeshauptstadt meldet das Arbeitsmarktservice derzeit 400 offene Stellen für Köche. Der tatsächliche Bedarf liegt weit darüber, sagt Geschäftsstellen-Leiterin Doris Litschauer dem STANDARD.

Köche seien mittlerweile die am meisten nachgefragte Berufsgruppe: Wer in dem Job arbeitslos werde, habe in Wien innerhalb weniger Stunden einen neuen. Auch deutsche Wirte, die händeringend nach Personal suchten, fragten in Österreich an. Der Engpass wachse sich zu einem mitteleuropäischen Problem aus, sagt Litschauer. Betroffen sei das kleine Beisel wie die gehobene Gastronomie.

Die Hoffnung, dass hippe Köche wie Jamie Oliver Jungen Lust auf die Branche machen, habe sich in Österreich nicht erfüllt. Nicht nur, dass die Zahl der Lehrlinge generell sinkt. Es sind vor allem familienfeindliche Rahmenbedingungen, die abschrecken: Viele wechseln spätestens nach Geburt ihres Kindes in andere Berufe.

Auch Tiroler und Wiener wollen sich nach spanischen, portugiesischen und griechischen Köchen umsehen - allerdings nicht vorbehaltlos. Die Sprache sei eine große Barriere, sagt Litschauer. Zu klären sei auch die Frage der Quartiere, die Wiener Betriebe anders als jene in den Bundesländern nicht selbst bereitstellen könnten.

Und da sind dann noch Sorgen über zu wenig Verständnis für die österreichische Küche. Mancher Wirt frage sich, ob Griechen oder Spanier neben Souflaki oder Paella die Kunst des Wiener Schnitzels, des Surbratens und der Salzbuger Nockerln beherrschten, berichten Arbeitsmarktexperten.

"Um das zu lernen, kommen sie zu uns", hält Peter dagegen. "Global denken", rät Thomas Wolf, Geschäftsführer der Gastrosparte der Wirtschaftskammer: Wichtig sei die gute Grundausbildung. "Griechen haben viel gastronomische Tradition, ergänzt Birgit Gerstorfer, Chefin des AMS Oberösterreich. Noch seien Initiativen wie in Griechenland in einer frühen Phase und "ein Mosaikstein von vielen", resümiert Wolf. "Wir wissen nicht, was es letztlich wirklich bringt. Einen Versuch ist es aber auf jeden Fall wert." (Verena Kainrath, DER STANDARD, 30.10.2012)