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Kostas Vaxevanis, Herausgeber des griechischen Magazins "Hot Doc", wird wegen der Veröffentlichung einer Steuersünder-Liste belangt.

Foto: EPA/ORESTIS PANAGIOTOU

Kostas Vaxevanis bekommt noch ein paar Tage Aufschub: Ein Gericht im Stadtteil Poligono im Norden Athens hat Montagmittag entschieden, die Anhörung des Journalisten auf Donnerstag zu verschieben. Der Vorwurf: Vaxevanis hat mit der (angeblichen) Veröffentlichung der famosen Lagarde-Liste die Privatsphäre von rund 2.000 Griechen verletzt.

So sieht es erst einmal auch aus, und Vaxevanis, Herausgeber des investigativen Wochenmagazins mit dem mäßig intelligenten Namen "Hot Doc" (Webseite öffnet sich nur langsam), sagt selbst, es stehe nicht fest, dass alle Namen von Kontoinhabern auf der Liste auch automatisch jene von Steuersündern seien. Noch ist es schließlich nicht verboten, ein Bankkonto in der Schweiz zu haben.

Aber dann gibt es eben auch noch die Vorgeschichte der Lagarde-Liste, die unerklärte Amnesie zweier griechischer Finanzminister und zweier Chefs der Steuerpolizei, die zwei Jahre lang eine CD mit dubiosen Konteninhabern trotz groß inszenierter Kampagne gegen Steuerhinterziehung einfach in der Schublade vergaßen. Das rechtfertigt wohl auch ein öffentliches Interesse. Und schließlich versteht Vaxevanis die Veröffentlichung der 2.059 angeblichen Schwarzgeldbesitzer auch als politische Tat - er will der griechischen Regierung, die diese Woche ein neues Sparpaket gegen Pensionisten und Arbeitnehmer ins Parlament bringen will, einen Spiegel vorhalten, wie er am Montag vor dem Gerichtsgebäude sagte:

Vaxevanis war am Sonntag von der Polizei festgenommen worden und drei Stunden lang verhört worden. Die so genannte Lagarde-Liste war im Herbst 2010 dem damaligen griechischen Finanzminister Giorgos Papakonstantinou vom französischen Finanzministerium übergeben worden (Christine Lagarde war damals Ministerin); die Datensätze von der HSBC-Bank in Genf waren bereits 2007 vom Bankmitarbeiter Hervé Falciani gestohlen worden. Vaxevanis, 46, hat erst vor wenigen Monaten sein Skandal- und Investigativmagazin mit lächerlich wenig Geld aus der Taufe gezogen - 5.000 Euro, heißt es - und doch schon einigen Streit angefangen.

Dem früheren Finanzminister und jetzigen Vorsitzenden der Pasok, Evangelos Venizelos, warf er vor, drei Millionen Euro auf der Bank gebunkert zu haben; der Nachrichtensprecherin Olga Tremi von Mega TV hielt er vor, sie habe noch nebenbei als Aufsichtsratsmitglied eines Rüstungsunternehmens abkassiert. Nummer 12 von "Hot Doc" widmete sich einem Abhörskandal, in dem Vodafone Griechenland steckt und bei dem HiTech aus den USA verwendet worden sein soll, was wiederum einen politischen Hintergrund hätte. Ein Mitarbeiter von Vodafone hat sich jedenfalls umgebracht. Vielleicht war es aber auch Mord, behauptet "Hot Doc". Nummer 13 des Magazins brachte dann die Lagarde-Liste.

Vaxevanis' Investigativjournal "Kouti Tis Pandoras" (Die Büchse der Pandora)  beim staatlichen TV-Sender ERT net ist erst diesen Monat abgebremst worden - angeblich aus finanziellen Gründen - und soll nun im monatlichen Wechsel mit anderen Magazinen auf den Bildschirm kommen. Unterstützung hat Vaxevanis noch am Sonntag von Hackern bekommen, die in die Computer des griechischen Finanzministeriums geschaut und offenbar Einiges an Dokumenten und Mails zwischen Ministerium und Troika heruntergeladen haben. (Markus Bey, derStandard.at, 29.10.2012)