Laut Ackerl ist es für die Länder finanziell unmöglich, eine stets gleichbleibende Zahl an Flüchtlingsquartieren zu gewährleisten.

Foto: Der Standard/Hermann Wakolbinger

STANDARD: Im Memorandum zur Asylwerberunterbringung von vergangenem Dienstag steht, dass der Bund Flüchtlingscontainer errichtet, wenn die Länder bis Ende November nicht genug Zusatzwohnraum zur Verfügung stellen. Wird das diesen Winter wirklich nötig sein?

Ackerl: Ich gehe davon aus, dass bald Flüchtlingscontainer stehen. Ich kann mir vorstellen, dass bis dahin so viele Flüchtlinge nach Österreich kommen, dass auch die im Memorandum vereinbarten rund 1000 zusätzlichen Plätze nicht reichen werden - wenn wir diese in dieser Kürze überhaupt schaffen können, was ich bezweifle.

STANDARD: Warum haben Sie und andere Ländervertreter ein Memorandum unterschrieben, das Sie gar nicht erfüllen können?

Ackerl: Wir haben es in dem Wissen unterschrieben, dass wir auf Liegenschaften des Bundes dann eben Container aufstellen. Immerhin ist das Teil der Vereinbarung.

STANDARD: Ist es für ein reiches Land wie Österreich nicht peinlich, dass für Asylwerber zum Wohnen nur Container bleiben? Es geht ja nur um rund 1000 Personen.

Ackerl: Nein, die Unterbringungsprobleme haben vielmehr mit der Realität der internationalen Wanderungsbewegungen zu tun. Diese verlaufen in Zyklen, also mit Ausschlägen nach oben, die man nicht vorhersehen kann. Und wenn dann wieder weniger Flüchtlinge kommen, muss man Quartiere schließen: Sie offen zu halten ist finanziell unmöglich. Außerdem, auch wenn ich mit dem Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler politisch nichts gemein habe: Wenn ich richtig gelesen habe, hat die Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen ihn eingeleitet, weil er für Quartiere gezahlt hat, in denen keine Flüchtlinge waren. Das ist auch ein Problem.

STANDARD: Gegen Dörfler laufen Untreueermittlungen, weil er freihändig viel Geld für den umstrittenen Flüchtlingsunterbringungsvertrag auf der Saualm lockergemacht haben soll. Wo sehen Sie hier Ähnlichkeiten?

Ackerl: Dörfler wird verdächtigt, weil vermutet wird, dass auf der Saualm weit weniger Flüchtlinge waren, als Geld geflossen ist. Wenn von uns Ländern auf der einen Seite Vorsorge verlangt wird, muss auf der anderen Seite klar sein, dass wir, wenn wir für leerstehende Quartiere zahlen, keine Untreue begehen.

STANDARD Von der Saualm abgesehen: Ist es klug, Quartiere zuzusperren, wenn vorübergehend weniger Flüchtlinge kommen? Oberösterreich etwa verfehlt die Unterbringungsquote erst seit solchen Schließungen um 19,4 Prozent.

Ackerl: Zugesperrt haben wir vor allem sehr schlechte Quartiere mit einer unzumutbaren Unterbringungsqualität. Und in den besseren, meist Privatwohnungen, sind die Flüchtlinge vielfach auch nach Abschluss ihres Verfahrens geblieben. Diese Plätze fehlen uns jetzt.

STANDARD: Warum ist es eigentlich so schwer, neuen Wohnraum für Asylwerber zu finden?

Ackerl: Ich gebe Ihnen ein Beispiel: In Linz wollten wir kürzlich 60 Plätze in einem ehemaligen Bürogebäude des Landes schaffen. Es hat sich herausgestellt, dass die Widmung nicht stimmt - und dass der Verwaltungsgerichtshof in einem ähnlichen Fall beschieden hat, dass Flüchtlingsunterbringung an einem solchen Ort nicht zulässig ist. Jetzt müssen wir umwidmen - das dauert.

STANDARD: Scheitert es oft nicht auch an der Intoleranz von Anrainern und Bürgermeistern?

Ackerl: Vetorecht haben diese bei der Flüchtlingsunterbringung keines: Ihre Einwände müssen schon berechtigt sein, etwa wenn sie mit dem Zustand des Objekts zu tun haben. Die meisten Proteste aber gehen von der FPÖ aus. In Wels etwa gibt es neben der Polizeidirektion ein in Besitz der Bundesimmobiliengesellschaft befindliches ehemaliges Polizeiwohnhaus. Dort könnten wir eine ganze Wohngruppe unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge unterbringen. Aber weil ein FP-Stadtrat dagegen aufgetreten ist, heißt es in der Polizei jetzt: kein Asylwerberquartier.

STANDARD: Sehen Sie derzeit überhaupt Chancen, neue Unterkünfte zu finden?

Ackerl: Wir sind am Überlegen, ob wir leerstehende gemeinnützige Wohnungen in peripheren Gemeinden anbieten können. Das Problem dabei ist, dass Flüchtlinge dort nach der Asylgewährung wenig Chancen haben, eine Arbeit zu finden.

STANDARD: Immerhin wäre das besser als Container - oder sehen Sie das anders?

Ackerl: Container sind in der derzeitigen Situation eine nötige Zwischenlösung. Und sie sind nicht einmal so schlecht - wenn es sich um gescheite Container handelt. Natürlich, wenn es etwa leere Räume in Kasernen gibt: Auch dort können Asylwerber wohnen. (Irene Brickner, DER STANDARD, 27.10.2012)