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Silvio Berlusconi, seit Jahren Italiens reichster Mann und mehrmaliger Premierminister, wurde zu vier Jahren Haft verurteilt.

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Die Glückssträhne von Silvio Berlusconi in zahlreichen Verfahren wegen Bilanzfälschung, Korruption und Steuerbetrugs ist zu Ende: Italiens Ex-Premier wurde erstinstanzlich zu einer Haftstrafe verurteilt.

 

Am Ende seiner Laufbahn hat die von ihm über Jahre behinderte Justiz Silvio Berlusconi doch noch eingeholt. Der langjährige Premier ist am Freitagabend von einem Mailänder Gericht wegen Steuerbetrugs zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Drei Jahre davon fallen unter den 2006 von seiner Regierung verfügten Strafnachlass. Außerdem wurde er für fünf Jahre von allen öffentlichen Ämtern und für drei Jahre von jeder Unternehmensführung ausgeschlossen. Das Urteil erging in erster Instanz, die Anwälte kündigten Berufung an. Verteidiger Nicoló Ghedini sprach von einem "unglaublichen Urteil", Fabrizio Cicchitto, Fraktionschef der von Berlusconi gegründeten Partei Volk der Freiheit (PDL), von einem " politischen Mordversuch".

Im Verfahren ging es um den Kauf von Fernsehrechten des Berlusconi-Konzerns Mediaset. Dabei seien die Kosten in einer Kette von fiktiven Verkäufen um mehrere Hundert Millionen Dollar aufgebläht worden. Nach Überzeugung der Richter beläuft sich die Steuerhinterziehung auf mindestens 7,3 Millionen Euro. Berlusconi und andere Manager seines Konzerns hätten sich mehrerer von ihnen kontrollierter Scheinfirmen bedient.

Der Staatsanwalt hatte drei Jahre und acht Monate Haft für den Ex-Premier gefordert, der persönlich in die fingierten Verkäufe in den 1990er-Jahren verwickelt gewesen sei. Mediaset-Präsident und Berlusconi-Intimus Fedele Confalonieri wurde freigesprochen. Der US-Geschäftspartner Frank Agrama erhielt eine Haftstrafe von drei Jahren, zwei weitere Mediaset-Manager wurden zu zwei beziehungsweise drei Jahren Haft verurteilt.

Berlusconi muss dem italienischen Staat eine Geldstrafe von rund zehn Millionen Euro bezahlen. Die genaue Höhe soll in einem Zivilverfahren festgelegt werden. Der Medientycoon hatte im Lauf des Gerichtsverfahrens jede Schuld bestritten. Er habe keinen Einblick in den Kauf von Fernsehrechten gehabt.

Der Prozess dauerte insgesamt sechs Jahre, weil er zweimal wegen neuer Immunitätsregelungen eingefroren werden musste. Das Urteil spaltete Italiens Öffentlichkeit einmal mehr in zwei Lager. Der Parteichef des Volks der Freiheit, Angelino Alfano, warf den Richtern ein "regelrechte Verfolgung" des Ex-Premiers vor. Antonio di Pietro von der Partei Italien der Werte erklärte, "die Wahrheit sei endlich ans Licht gekommen" .

Nach Aussage enger Mitarbeiter soll das Urteil den 76-Jährigen in "tiefe Depression" gestürzt haben. Er erwäge, sich in das Urlaubsresort seines Freundes Flavio Briatore in Kenia zurückzuziehen. Die Mediaset-Aktion fielen um drei Prozent. Das Urteil, dem eine mehrtägige Beratung vorausging, kam einen Tag nach Berlusconis Verzicht auf eine sechste Kandidatur für das Amt des Regierungschefs. Berlusconi droht in wenigen Wochen im Ruby-Prozess eine Verurteilung wegen Sex mit Minderjährigen. (Gerhard Mumelter aus Rom /DER STANDARD, 27.10.2012)