Während der ersten Meter der Testfahrt tut sich überhaupt nichts. Zumindest stellt sich nicht die gewünschte Reaktion auf dem Schirm des Tablets ein, das am Armaturenbrett des Autos angebracht ist. Es ist fast beruhigend: Auch wenn der fahrbare Untersatz in einer mehr oder weniger fernen Zukunft vollkommen selbstständig durch die Gegend navigiert, wird sich eines nie ändern - Systemabstürze passieren immer in den unpassendsten Momenten. Nach einem Neustart kann die erstmalige Vorführung des Telematiksystems aber beginnen.

Die Tour startet bei der Messe Wien, wo dieser Tage allerhand zukunftsweisende Verkehrstechnologien auf dem Weltkongress für Intelligente Transportsysteme (ITS) vorgestellt werden. Im Testauto nimmt ein weißes Kastl an der Windschutzscheibe sowohl Funksignale von speziell ausgestatteten Ampeln als auch sämtliche Verkehrsmeldungen über Mobilfunknetze auf und leitet sie über Bluetooth an ein Tablet, Smartphone, Navi oder den autoeigenen Bordcomputer weiter.

Infos in Echtzeit

"Grüne Welle bei 50 km/h", steht dann auf dem Display, wenn das Auto sich einer Ampel nähert oder "Rot. Grün in 5 Sekunden", wenn man davorsteht. "Mit diesem System kann man jede beliebige Information in Echtzeit ins Auto bringen", sagt Martin Böhm von AustriaTech, der Koordinator des Projekts Testfeld Telematik. 3000 Teilnehmer werden in den nächsten sechs Monaten erproben, wie gut die Kommunikation zwischen Auto und Straße schon jetzt funktioniert.

Dabei bleibt es freilich nicht bei roten Ampeln und Geschwindigkeitsanzeigen: Auf der Südosttangente wird auf eine Park-and-ride-Anlage hingewiesen, auf Wunsch mitsamt den freien Plätzen. Außerdem kündigt das System Staus an, warnt vor Glatteis, Unfällen und Baustellen. "Das Besondere an diesem Pilotprojekt ist, dass wir in einem nächsten Schritt versuchen, eine Verbindung zu den öffentlichen Verkehrsmitteln herzustellen", betont Martin Böhm.

Das Auto könnte also künftig Tipps für den Umstieg auf Öffis geben und alternative Wege zum Ziel vorschlagen. Mithilfe des Testfelds Telematik sollen erste Erkenntnisse darüber gewonnen werden, wie viel Informationen einem Autofahrer zumutbar sind und wie sie sinnvoll aufbereitet werden. Insgesamt 5,5 Millionen Euro wurden investiert, das Verkehrsministerium hat das Projekt mit 2,2 Millionen gefördert. Die Asfinag als einer von mehreren Projektpartnern hat dafür vorerst 250 Sensoren im Dreieck A23, A4 und S1 installiert. Möglich wäre auch eine Kommunikation zwischen entsprechend aufgerüsteten Fahrzeugen.

Erste konkrete Telematikanwendungen erwartet Asfinag-Vorstandsdirektor Alois Schedl in den kommenden fünf bis zehn Jahren. Für eine einheitliche Versorgung mit Daten soll bereits 2013 der Start einer " Verkehrsauskunft Österreich" sorgen. Diverse Plattformen für Auto-, Rad- und Bahnfahrer - wie Scotty von den ÖBB und AnachB.at - werden darin zusammengeführt. Zudem soll das Routing zu den besten Umsteigemöglichkeiten über die Grenzen hinweg ausgedehnt werden - das Verkehrsministerium startet derzeit ein derartiges Projekt mit österreichischen Nachbarländern.

Erklärtes Ziel der intelligenten Verkehrslösungen ist neben erhöhter Sicherheit die Reduktion von CO2-Emissionen. Studien zufolge könnte allein die Vermeidung von Staus den CO2-Ausstoß um bis zu sieben Prozent senken. Deshalb soll laut Verkehrsministerin Doris Bures auch ein Gutteil der zusätzlichen 110 Millionen Euro, die im aktuellen Budget für die Förderung neuer Technologieentwicklungen vorgesehen sind, in intelligente Verkehrssysteme fließen. Das Thema ist auch Schwerpunkt einer neuen Ausschreibung des Klima- und Energiefonds, für die acht Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden, wie Bures bei der Eröffnung des ITS-Kongresses am Montag ankündigte. (kri, DER STANDARD, 24.10.2012)