Wien - Schon im Vorjahr benutzte Finanzstadträtin Renate Brauner (SP) folgendes Beispiel, um den Schuldenstand von Wien zu erklären. "Wenn eine Familie mit 30.000 Euro Jahreseinkommen einen Gesamtschuldenstand von 10.000 Euro macht, ist das eine maßvolle Neuverschuldung", relativierte sie auch in diesem Jahr den Budgetvorschlag für 2013.

Kleiner wird das Defizit der Bundeshauptstadt so schnell jedenfalls nicht: Die Neuverschuldung steigt um 368,85 Millionen Euro auf insgesamt 4,34 Milliarden Euro mit Jahresende an. Insgesamt prognostiziert Brauner für 2013 Einnahmen in der Höhe von 11,85 Milliarden Euro und Ausgaben von 12,22 Milliarden.

Die Stadt verfolgt weiter das Ziel der "schwarzen Null" - also ein Ende der Neuverschuldungen - mit 2016. Danach soll mit dem Rückzahlen der Kredite begonnen werden. Eine der Sparmaßnahmen ist etwa die Nulllohnrunde für Rathausbeamte, die nun fix kommt und in das Budget bereits eingerechnet ist. Eine Erhöhung würde pro Prozent mit 30 Millionen Euro zu Buche schlagen.

Geld für Neubauten

Einen großen Brocken der Neuverschuldung macht der Posten Wohnbauinitiativen mit 475 Millionen Euro aus. Die Stadt hat zu günstigen Konditionen Kredite in dieser Höhe an Bauträger weitergegeben. Die Rückzahlungsvereinbarungen erstrecken sich allerdings über Zeiträume von zehn bis 50 Jahren.

Als Schwerpunkte der antizyklischen Wirtschaftspolitik nennt Brauner den Bereich Bildung und Kinderbetreuung. 630 Millionen wird die Stadt im kommenden Jahr für Kinderbetreuung in die Hand nehmen, 41 Millionen mehr als noch 2012. "Wir entlasten damit den Mittelstand", argumentiert Brauner. 11.700 zusätzliche Plätze können damit gesichert werden. Ein großer Teil der 250 neuen Mitarbeiter werde für Kindergärten gebraucht. Schulsanierungen machen ebenfalls einen großen Teil aus; zusammengezählt fallen 1,82 Milliarden Euro in den Bildungsbereich.

Auch die Investitionen der Stadt und ihrer Töchterunternehmen im Bau- und Baunebengewerbe steigen, um Arbeitsplätze zu erhalten. 1,78 Milliarden Euro sind es insgesamt in diesem Bereich. Mit 3,34 Milliarden Euro ist Gesundheit und Soziales der größte Posten. Neben der Umsetzung des Spitals- und Geriatriekonzepts fließe viel Geld in die bedarfsorientierte Mindestsicherung, sagte Brauner.

FP fordert Brauners Rücktritt

Als "unguided missile" bezeichnete FP-Klubchef Johann Gudenus die Finanzstadträtin in einer Aussendung und forderte ihren Rücktritt. Die Neuverschuldung bestätige einmal mehr das Scheitern von Rot-Grün. Auch die VP findet keinen Gefallen am Budgetvorschlag, der am 19. und 20. November im Gemeinderat beschlossen werden soll.

Der schwarze Klubobmann Fritz Aichinger bezeichnete den Schuldenstand nicht als "maßvoll", wie Brauner, sondern als "höchsten der Geschichte Wiens". Er empfiehlt der Stadt die Umsetzung der Bundesbeamtenpensionsreform und eine Reform der KAV-Spitäler, wenn das Ende der Neuverschuldung nicht nur ein Wunsch bleiben soll. (juh, DER STANDARD, 24.10.2012)