Bild nicht mehr verfügbar.

Grafik: APA/STANDARD

Wien - In der EU ist jeder Sechste armutsgefährdet. Das sagte Andreas Höferl, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Politikberatung und Politikentwicklung, am Montag bei der Präsentation der Studie "Armut in der Europäischen Union". Im Jahr 2010 waren demnach in der EU 80,7 Millionen Menschen armutsgefährdet. Die höchste Quote hatte Lettland mit 21,3 Prozent, die niedrigste Tschechien mit neun Prozent.

Besonders beunruhigend ist laut Höferl die steigende Tendenz. Die stärkste Zunahme an armutsgefährdeten Personen gebe es in den Länder, die auch am stärksten von der Finanzkrise betroffen seien, etwa Irland und Spanien. Österreich lag mit einer Quote von 12,1 Prozent an viertniedrigster Stelle. Mit etwa einer Million Menschen sei die Zahl der Armutsgefährdeten in Österreich relativ konstant und niedrig.

"Länder mit hoher sozialer Sicherheit am wettbewerbsfähigsten"

Der SPÖ-Europaabgeordnete Josef Weidenholzer kritisierte, dass in der EU von Schuldenunion, Fiskalunion und Bankenunion die Rede sei, "aber ganz selten von einer Sozialunion". Die Sozialdemokratische Fraktion im Europaparlament fordere deshalb eine soziale Säule. Denn Wachstum, das auf Ungleichheit basiere, sei nicht nachhaltig. "Die Länder, die viel für soziale Sicherheit ausgeben, sind auch die wettbewerbsfähigsten", so Weidenholzer.

Die staatlichen Sozialleistungen würden die Armutsgefährdung im Durchschnitt halbieren, sagte Weidenholzer. Auch Österreich reduziere durch die Sozialleistungen den Anteil der Armutsgefährdeten von 24 auf 12 Prozent. In sechs Staaten werde das Risiko laut der Studie sogar um mehr als die Hälfte reduziert. Das seien Irland, Finnland, Schweden, Dänemark, die Niederlande und Ungarn.

Höchste Armutsgefahr in Lettland, Rumänien, Bulgarien, Spanien

Die Länder mit der höchsten Armutsgefährdung waren 2010 neben Lettland Rumänien, Bulgarien und Spanien mit jeweils über 20 Prozent. Auch in Litauen und Griechenland war jeder Fünfte armutsgefährdet. Zu den am meisten bedrohten Gruppen zählen EU-weit Arbeitslose (45,1 Prozent) und Alleinerzieher (36,8 Prozent). Außerdem gefährdet sind Teilzeitbeschäftige, Menschen mit geringer Bildung, kinderreiche Familie, Ältere und Zuwanderer.

Armut betrifft nicht nur die östlichen und südlichen Länder: 36 Millionen Menschen in Westeuropa sind gefährdet. Zuwander sind laut der Studie doppelt bis dreimal so häufig betroffen, in Deutschland sind am meisten gefährdet. Aus dieser Gruppe waren 2010 gar 70,3 Prozent armutsgefährdet.

EU-weit am wenigsten bedroht sind Personen mit einem Hochschulabschluss und Vollzeit-Erwerbstätige. Die Armutsgefährdungsquote gibt den Anteil der Bevölkerung an, deren Haushaltseinkommen weniger als 60 Prozent des nationalen Medianeinkommens beträgt. (APA, 22.10.2012)