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Börse-Chefin Birgit Kuras: "Ein Aktionär ist kein Spekulant, er ist an Firmen beteiligt."

Foto: Reuters/Niesner Lisi

Wien - Realistischerweise könne man erst im kommenden Jahr wieder mit neuen Börsezugängen (IPOs) an der Wiener Börse rechnen, sagte Birgit Kuras, seit März dieses Jahres Vorstandsmitglied der Wiener Börse AG, auf der Gewinn-Messe. Privatisierungen sollten aber kein Selbstzweck sein, sondern müssten "Sinn" machen. Eine Expertenrunde solle sich schauen, wo es Sinn macht und wo nicht. Die weitere Privatisierung der Post AG auf 25 Prozent etwa wäre eine win-win-Situation für Post, Börse und dem Staat, so Kuras.

Schlechte Zeiten für Börsengänge

Das Interesse an Börsegängen sei zwar sehr groß, aber man warte noch zu. "Einen IPO traut man sich noch nicht wirklich. Die Zinsen sind noch günstig, das ist ein klassisches Zeitfenster für Corporate Bonds", meinte Kuras.

Die in den letzten Jahren sehr stark rückläufigen Handelsumsätze hätten im September wieder stark nach oben gedreht. Man sehe eine klare Erholungstendenz, die Umsätze würden aber noch nicht den "Wunschvorstellungen" entsprechen. Jedenfalls stimme es nicht, dass die Aktionäre an der Krise schuld gewesen seien. "Ein Aktionär ist kein Spekulant, er ist an Firmen beteiligt", betonte Kuras.

Anlegerängste wegen Finanzsteuer

Die geplante Finanztransaktionssteuer sei grundsätzlich nicht gut für Börsen. Der "Super-Gau" wäre aber, wenn diese Steuer nur börsliche Umsätze treffen würde, weil dies einfacher sei, und nicht die außerbörslichen Umsätze. "Ich hoffe auf die Vernunft der Politiker, die Finanztransaktionssteuer als Lenkungsinstrument einzusetzen, im Sinne der Transparenz und des Anlegerschutzes", so Kuras. Am besten wäre es, solche Börsen ausnehmen, wo eh alles geregelt ist.

Auf die Frage, ob Aktienkauf gefördert werden soll, meinte Kuras, sie wäre schon zufrieden, wenn er nicht gegenüber anderen Finanzinstrumenten diskriminiert werde. "Die Waage bewegt sich schon massiv nach unten, gegen Aktien", so Kuras. Es wäre Zeit, zumindest was kapitalmarktfreundliches in die andere Seite zu werfen, und sei es nur eine Aussage.

Die langsame Aufarbeitung der Anlegerskandale der letzten Jahre störe auch internationale Investoren. "Das müsste schon ein bisschen schneller gehen im internationalen Vergleich", so Kuras. Jim Rogers habe in den 8oer Jahren die Wiener Börse auch nur deshalb entdeckt, weil es auf steuerlicher Seite zu Änderungen gekommen war. "Um der Börse wirklich einen Schub zu verleihen, muss von den Rahmenbedingungen was kommen", so Kuras. (APA, 18.10.2012)