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EU-Klimaschutzkommissarin Connie Hedegaard will Agrarkraftstoffe möglichst aus dem Non-Food-Bereich.

Foto: Reuters/FRANCOIS LENOIR

Brüssel/Wien - Zwar hält die EU-Kommission an dem Plan, dass bis 2020 zehn Prozent der Treibstoffe für den Verkehr aus erneuerbaren Quellen kommen sollen, fest. Doch wie dieses Ziel zu erreichen ist, dazu wurden nun wesentliche Änderungen vorgenommen:

Am Mittwoch präsentierten EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard und Energiekommissar Günther Oettinger einen Vorschlag, der im Wesentlichen vorsieht, dass es zu keinem weiteren Ausbau von Agrarkraftstoffen aus Weizen, Mais oder Raps kommen soll. Die derzeit bereits bestehende fünfprozentige Beimischung zu Sprit und Diesel kann beibehalten bleiben, die weiteren fünf Prozentpunkte aber sollen über andere Wege erreicht werden: Über "die 2. und 3. Generation von Biokraftstoffen, deren Ausgangsstoffe nicht zu einem zusätzlichen Flächenbedarf führen", so die Kommission. Soll heißen: Aus Algen, Stroh oder überhaupt Abfall sollen künftig Benzin oder Diesel hergestellt werden.

Keine Konkurrenz zu Nahrung

Der Vorteil dabei: Diese Grundstoffe treten nicht in Konkurrenz zu Agrargütern, die für die menschliche Ernährung oder als Tierfutter dienen. Allerdings sind diese nächsten Entwicklungsstufen von Agrartreibstoffen trotz intensiver Forschung bei weitem nicht marktreif, und in großem Stil schon gar nicht. Da die Technologien dazu vielfach am Anfang stehen, sollen sie besonders gefördert werden - und außerdem " gegenüber konventionellen Biokraftstoffen stärker gewichtet werden".

Hedegaard und Oettinger geht es mit dem neuen Vorschlag darum, den Vorwurf, die Alternativenergiepolitik der EU verschärfe in anderen Teilen der Welt den Hunger, zu entkräften. Man werde künftig "globale Landnutzungsänderungen" beobachten, sagte Klimaschutzkommissarin Hedegaard. Diese Landnutzungsänderungen sind schlecht fürs Weltklima: Bei einer steigenden Nachfrage nach Agrarkraftstoffen steigt auch der Bedarf an agrarischen Nutzflächen - was zu Urwaldrodungen führen kann.

Kritik von allen Seiten

Kritik hagelte es trotzdem von allen Seiten. ePure, dies ist der europaweite Verband, in dem die Ethanolindustrie vertreten ist, stellte die Verlässlichkeit der EU-Kommission infrage. Rob Vierhout, der Präsident des Verbandes, hatte gegenüber dem Onlinedienst Euractiv kürzlich gemeint, angesichts der enormen Investitionen, die die Branche getätigt habe, bleibe der Industrie möglicherweise nichts anderes übrig, " als die EU-Kommission zu klagen". Der neue Vorschlag "schwäche die Branche".

Auch Umweltminister Nikolaus Berlakovich zeigte sich nicht besonders glücklich. Diese neue EU-Richtlinie zu Biotreibstoffen dürfe "kein Erdöl-Fördermodell" werden, sagte er.

Da Österreichs Treibhausgas-Emissionen besonders im Verkehr stark zugelegt haben, habe der EU-Vorschlag besonders unangenehme Auswirkungen für Österreich, so der Verkehrsclub Österreich VCÖ. "Dadurch ergibt sich der Bedarf, jährlich zusätzlich rund 500.000 Tonnen Kohlendioxid CO2 im Verkehrssektor einsparen zu müssen." (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, 18.10.2012)