Am Anfang stand ein Webshop, den die wollbegeisterte Daniela Boukal berufsbegleitend führte. Er funktionierte so gut, dass sie Ausschau nach einem fixen Standort hielt. In der Argentinierstraße 28 in Wien-Wieden hat sie ihn gefunden.

Foto: derStandard.at/Tinsobin

Das alte Geschäftslokal mit seinem traditionellen Wandverbau aus dunklem Holz hat Patina und war nur unter der Auflage zu mieten, dass die Einrichtung erhalten bleibt. "Ich war die Erste, die sich darüber gefreut hat", erzählt Boukal von den Anfängen der Laufmasche, in der sie Materialien samt Zubehör fürs Stricken, Häkeln und Sticken anbietet sowie regelmäßig Workshops abhält.

Foto: derstandard.at/tinsobin

Wann Daniela Boukal mit dem Stricken begonnen hat, weiß sie nicht mehr: "Ich stricke schon ewig. Einmal mehr, einmal weniger." Vor eineinhalb Jahren machte sie ihre Passion zum Beruf, stieg aus der EDV-Branche aus und ins Woll-Business ein.

Foto: derStandard.at/Tinsobin

Als die Laufmasche-Inhaberin noch in der EDV-Branche war, recherchierte sie auf ihren Urlaubsreisen immer in Sachen Wolle, brachte Materialien mit und ging deren Entstehung auf den Grund. Die Schafwolle im Bild stammt aus dem irischen Donegal.

Foto: derStandard.at/Tinsobin

Heute importiert sie die meisten Wollen für ihren Laden aus Regionen und Ländern wie Skandinavien, Südamerika, Deutschland, Italien oder der Schweiz. Für das beige Strickfleckchen musste eine Kaschmirziege in der Mongolei Haare lassen.

Foto: derStandard.at/Tinsobin

Fast alle Wollen sind Naturprodukte, viele wurden mit Pflanzenfarben gefärbt und kommen aus Fairtrade-Produktionen, wie die Wolle der Eigenmarke Rainbow im Bild.

Foto: derStandard.at/Tinsobin

Im Eingangsbereich der Laufmasche steht ein Regal mit Büchern und Puppen: "Das sind meine Tochter und ich", sagt Boukal. Die beiden Schönheiten entstanden im Rahmen eines Strick-Wettbewerbs. Die Laufmasche-Inhaberin rief ihre Kundinnen zur Anfertigung von Puppen nach dem eigenen Ebenbild auf. Als Ergebnis zierten rund 30 Unikate die Auslagen der Laufmasche.

Foto: derStandard.at/Tinsobin

In der Strick-Community ist die Laufmasche für ihre ungewöhnlichen Aktionen bekannt. "Wir lassen uns immer was einfallen", sagt Boukal. So wurde kürzlich eine Nacht in der Laufmasche für eine Person verlost. "Im Forum ist ein solcher Hype entstanden, dass sich am Abend 25 Personen im Geschäft versammelt haben, um die Gewinnerin anzufeuern und ihr Gesellschaft zu leisten. Erst um zwei Uhr früh sind die ersten Gäste gegangen."

Foto: derStandard.at/Tinsobin

Die Stricknacht zog sich bis weit in den nächsten Tag hinein. Daniela Boukal besorgte das Frühstück, und kurze Zeit später schaute schon die erste Kundin auf dem Weg zur Arbeit vorbei. Das Ergebnis des exzessiven Strickens war ein halber Pullover, den sich die glückliche Gewinnerin samt der restlichen für die Fertigstellung nötigen Wolle mit nach Hause nehmen durfte.

Foto: derStandard.at/Tinsobin

Die Laufmasche ist ein Ort der Geselligkeit. Regelmäßig finden Workshops statt. Die Themen erstrecken sich vom Basishandwerk des Strickens und Häkelns über die Anfertigung bestimmter Teile bis hin zur Arbeit mit außergewöhnlichen Materialien oder dem Verständnis englischer Strick-Anleitungen.

Foto: derStandard.at/Tinsobin

Jeden Freitag und Samstag versammeln sich Strickbegeisterte in der gemütlichen Sitzecke, um gemeinsam zu handarbeiten. Das Publikum ist vorwiegend jung, Männer sind bislang keine dabei. "Die trauen sich nicht", mutmaßt Daniela Boukal und erzählt: "Es kommen schon ein paar Männer Wolle kaufen, manche von ihnen stricken ihre eigenen Socken."

Foto: derstandard.at/tinsobin

Einmal hat Boukal einem Kunden ihren Sockenstrickkurs empfohlen, "da war er ganz beleidigt". Manche Kunden suchen die Laufmasche auch für den Erwerb spezieller, sehr dünner Häkelnadeln auf. "Es hat eine Zeit lang gedauert, bis wir das Rätsel gelöst haben", erzählt Boukal, "sie brauchen die Nadeln für ihre Dreadlocks."

Bild: Bunte Wolle aus Südamerika.

Foto: derStandard.at/Tinsobin

Ein Schwerpunkt der Laufmasche liegt auf japanischen Seiden- und Wollmischungen.

Foto: derStandard.at/Tinsobin

"Das Papier-Garn Urugami hat eine lange Tradition in Japan", erzählt Daniela Boukal. "Papier ist wie Seide temperaturausgleichend: Es wärmt oder kühlt." Ganz dem japanischen Understatement entsprechend sind die japanischen Seiden übrigens matt und nicht glänzend.

Foto: derStandard.at/Tinsobin

Ebenfalls eine Spezialität aus Japan ist die Mischung von Seide mit Edelstahl.

 

Foto: derStandard.at/Tinsobin

"Man kann sie in Form bringen, wie man will, und sie ist auch nicht kratzig", sagt Daniela Boukal.

Foto: derStandard.at/Tinsobin

"In Japan stellt jeder sein Garn nach seinen eigenen Vorlieben zusammen, kombiniert es mit anderen Materialien und Farben, nimmt Fäden doppelt", erzählt Boukal.

Ein Leichtgewicht ist die Seidenmohair-Mischung im Bild: Sie kratzt nicht und hinterlässt keine Haare auf der Kleidung. Vier kleine Knäuel ergeben eine kleine, zehn Dekagramm leichte Jacke. Kostenpunkt ca. elf Euro pro Knäuel.

Foto: derStandard.at/Tinsobin

Der kreative Umgang mit Wolle erlebt derzeit ein Revival, so hat sich auch im Bereich Social Media eine starke Woll-Community entwickelt. Das Laufmasche-Team ist mit Engagement dabei und im großen internationalen Strick-Netzwerk Ravelry mit einer eigenen Community vertreten.

Foto: screenshot

Wie ist das mit dem Stricken? Wirkt das Nadelgeklapper nun beruhigend, oder macht es nervös? Für Boukal auf jeden Fall Ersteres: "Viele meiner Kundinnen kommen aus Stressberufen. Manche schickt sogar der Arzt." Lange Zeit hieß es, dass Stricken schlecht für das Herz sei, und manche Ärzte verordneten ein Strickverbot. Das ist für Boukal "eine Mär".

Pastelltöne: Manos del Uruquai stammt vom Alpaka und wird in einer Kooperative von mehr als 400 Frauen hergestellt.

Foto: derStandard.at/Tinsobin

Die meisten der Laufmasche-Kundinnen können schon stricken, aber es lässt sich auch in der Laufmasche erlernen. Auch für Kinder bietet Daniela Boukal Strick- und Häkelkurse an.

Der rote Strickfleck besteht aus mongolischem Kaschmir mit Seide.

Foto: derStandard.at/Tinsobin

"Raten Sie einmal, was das ist", sagt Boukal. Das Fleckchen ist sensationell weich, federleicht und stammt vom Nerz. "Miya" nennt sich die Alternative zum Pelzmantel. "Die Nerze werden gebürstet statt getötet", erklärt die Woll-Expertin.

Foto: derStandard.at/Tinsobin

Verhältnismäßig preiswert im Vergleich zum Pelz ist die Nerzwolle: Aus einem Knäuel um zwölf Euro bringt man eine Mütze oder einen kleinen Schal heraus. "Generell geht es meinen Kundinnen aber nicht darum, zu stricken, weil es günstiger ist als ein fertig gekauftes Produkt, sondern um das Stricken an sich", sagt Boukal.

Foto: derStandard.at/Tinsobin

Tiefer als für Nerz muss man für die Wolle vom texanischen Büffel in die Geldtasche greifen. "Das ist eine absolute Rarität", erzählt Boukal, "1.200 Büffeln wird jeden Frühling das weiche Bauchfell geschoren, und im Juni kann ich genau 14 Tage lang diese Wolle bestellen, dann ist sie aus." Ein Strang kostet etwa 40 Euro und ergibt eine Mütze oder einen kleinen Schal.

Foto: derStandard.at/Tinsobin

Das Possum, auch Fuchskusu genannt, ist in Australien eine Plage. Weshalb es im Rahmen eines vom WWF initiierten Projekts möglichst ohne Qualen ums Leben gebracht und sein Pelz zu Wolle verarbeitet wird. Da Possumhaare Hohlfasern sind, speichern sie die Wärme hervorragend.

Foto: derStandard.at/Tinsobin

Die Wedding-Ring-Wool - eine Mischung aus Kaschmir, Wolle und Seide - ist so hauchdünn gesponnen, dass 100 Gramm 2.600 Laufmeter ergeben. "Da ist man ordentlich damit beschäftigt", sagt Daniela Boukal, "oft ein Jahr lang." Das Ergebnis der irisch-englischen Tradition ist ein Brautschleier, der durch den Ehering gezogen wird. "Eine meiner Kundinnen strickt den Schleier gerade für die Hochzeit ihrer Tochter. Sie hat jetzt schon Angst davor, noch einen stricken zu müssen, weil sie eine zweite Tochter hat", erzählt Boukal.

Foto: derStandard.at/Tinsobin

Koigu nennt sich die Merino-Wolle, die eine Mutter und ihre Tochter auf ihrer eigenen Farm nördlich von Toronto kreiert haben. Sie besticht durch ihre Naturfarben, die in mehr als 400 Schattierungen variiert werden.

Foto: derStandard.at/Tinsobin

Speziell auf die Farben der Koigu-Wolle abgestimmt, haben die beiden Frauen eigene Muster entwickelt.

Foto: derStandard.at/Tinsobin

In der Laufmasche gibt es aber nicht nur Raritäten, sondern auch einfache Baumwollgarne und Sockenwolle. Letztere kommt ohne Polyester- und Acrylanteil aus und stammt aus Uruguay von der Initiative Malabrigo.

Foto: derStandard.at/Tinsobin

Diese Knit-to-go-Sets beinhalten den Pullover auf dem Cover des Beutels samt Anleitung. Die Nadeln müssen je nach Vorliebe individuell dazugekauft werden.

Foto: derStandard.at/Tinsobin

Nicht nur Stricken und Häkeln sondern auch Sticken ist in der Laufmasche ein Thema und kommt in ganz neuem Design daher: Das dänische Paket fru zippe enthält ein Kreuzstichset abseits der traditionellen Kreuzstichtischdecke.

Foto: derStandard.at/Tinsobin

"Als Erstes fragen die Kundinnen meistens: Kann ich das waschen?", sagt Boukal. "Die Antwort lautet: Ja, Sie können alles waschen, auch das japanische Papiergarn, die Possum-, Büffel- und Nerzwolle. Allerdings mit der Hand und mit dem bestmöglichen Waschmittel." Auch dieses wandert in der Laufmasche über den Ladentisch.

Foto: derStandard.at/Tinsobin

Auch kleine Dinge, die sich als Geschenke eignen, sind in der Laufmasche erhältlich oder können im Zuge eines Workshops selbst hergestellt werden. Sobald es wieder wärmer wird, ist Daniela Boukal übrigens auch jeden Samstagvormittag am Kutschkermarkt in Wien-Währing mit einem  Laufmasche-Stand präsent. (Eva Tinsobin, derStandard.at, 3.2.2013)

>> Informationen zur "Laufmasche" und Workshop-Termine

Mehr zum Thema Stricken:

>> Wenn Autos und Bäume Pullis tragen

Foto: derStandard.at/Tinsobin