Rom - Ein Sachverständigengutachten, das am Dienstag dem Gericht in der toskanischen Stadt Grosseto vorgelegt worden ist, entlastet die italienische Kreuzfahrtgesellschaft Costa Crociere von der Verantwortung für die Havarie der Costa Concordia am 13. Jänner. Dies berichtete der Rechtsanwalt der Costa Crociere, Marco De Luca, am Dienstag in Grosseto. "Die Sachverständigen haben hervorgehoben, dass das Schiff in der Unglücksnacht so schnell voll Wasser gelaufen und gekentert ist, dass die Kriseneinheit dem Schiff keinerlei sinnvolle technische Hilfe geben konnte", berichtete der Verteidiger.

50 Sekunden nach der Havarie sei das Schiff unkontrollierbar gewesen. Nachdem die Kriseneinheit von der Havarie erfahren habe, habe sie mit den Hafenbehörden aktiv zusammengearbeitet, um den Passagieren Hilfe zu leisten.

Kapitän sprach mit deutschen Passagieren

An der Gerichtsverhandlung nahm wie schon am Vortag Unglückskapitän Francesco Schettino teil. Der 52-Jährige, dem wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung 15 Jahre Haft pro Todesopfer drohen, will an dem gesamten Verfahren teilnehmen, das etwa acht Tage dauern soll. Der Kapitän versicherte im Gespräch mit Überlebenden des Unglücks, dass er ihnen das Leben gerettet habe. Dank eines Manövers nach dem Zusammenprall des Luxusliners gegen die Felsen der toskanischen Insel Giglio habe er verhindert, dass es beim Unglück zu noch mehr Todesopfern kommen würde. "Ich habe Ihnen und vielen Passagieren das Leben gerettet", sagte Schettino nach Angaben des deutschen Überlebenden Michael Liessem, der sich mit seiner Frau Angelika mit dem Kapitän am Rande des laufenden Beweissicherungstermin unterhielt.

"Wir haben Schettino gefragt, wie es ihm geht. Er antwortete, er sei aufgeregt", sagte Liessem. Schettino habe ihnen versichert, dass er mit seinem Manöver in der Nacht des Unglücks eine viel größere Tragödie verhindert habe. "Anfangs war ich über Schettino sehr verärgert, doch dann habe ich zum Teil meine Meinung geändert. Er hat bewiesen, einen menschlichen Charakter zu haben. Er ist mir sympathischer erschienen", berichtete Angelika Liessem dem italienischen TV-Sender Sky TG 24.

Der Beweissicherungstermin, der am Montag begonnen hatte, lief auch am Dienstag hinter verschlossenen Türen. Dabei soll unter anderem auf Grundlage der Daten aus der "Black Box" und nach Anhörung von Gutachtern entschieden werden, ob ein Strafverfahren eröffnet wird. Aufgrund des großen Andrangs hatte das Gericht den Prozess in den Theatersaal verlegt. Hinter verschlossen Türen will es in den kommenden Tagen darüber entscheiden, wer wegen der Havarie der "Costa Concordia" angeklagt werden soll. Bei dem Unglück starben 32 Menschen, an Bord des Schiffes befanden sich 77 österreichische Passagiere.

Zwei Drittel der Überlebenden haben die Entschädigung der Costa Crociere angenommen, die 14.000 Euro angeboten hatten. 23 Prozent der Passagiere haben noch keine Einigung mit der Kreuzfahrtgesellschaft getroffen.

Die Staatsanwaltschaft von Grosseto hat inzwischen Ermittlungen wegen des Verschwindens von Gegenständen aus dem Wrack der Costa Concordia in die Wege geleitet. Schmuck sei aus den Kabinen, sowie aus zwei Juweliergeschäften an Bord des Schiffes verschwunden.

Bergung verzögert sich

Die Bergung des Kreuzfahrtschiffs verzögert sich indes. Bei der Bergung werde es zu einer zweimonatigen Verspätung gegenüber den ursprünglichen Bergungsplänen kommen, meldete Silvio Bartolotti, Geschäftsführer des italienischen Unternehmens Micoperi, das mit der US-Firma Titan Salvage mit der Aktion beauftragt wurde. Diese Verspätung sei unter anderem auf die schwierigen Wetterbedingungen der vergangenen Wochen zurückzuführen. "Das Wrack wird bestimmt innerhalb des nächsten Frühjahrs weggebracht", versicherte Bartolotti in einem TV-Interview. (APA/red, 16.10.2012)